March 31, 2011

Kommunikations-Strategie

 
Mit seiner Behauptung, man solle einen Sarkophag rund um das AKW in Japan bauen, sollte This Jenny wahrscheinlich recht behalten. Die Frage ist nur, was soll man tun, wenn einem einer von sechs Reaktoren um die Ohren fliegt? Und dann der zweite? Versucht man nicht die restlichen zu retten? Was wäre geschehen, wenn am ersten Morgen nach der Katastrophe die Behörden zugegeben hätten, ein Reaktor ist verloren?

Ich bin selbst entsetzter Zuschauer auf CNN gewesen, schon ganz früh an diesem schrecklichen Morgen. Während noch die ersten Bilder des Tsunamis um die Welt gingen, war mir schon klar dass die Zahl der Opfer in die Zehntausende gehen musste. Als das Reaktor-Gebäude explodierte war mir auch sofort klar, dass hier ein Druck-Kessel in die Luft gegangen war — also höchst wahrscheinlich der Reaktor selbst. Leider war mir von Beginn an der Ausmass der Katastrophe klar. So wie es wahrscheinlich jedem klar war. Besonders jedem Atom-Experte. Natürlich versucht man an die weniger negativen Meldungen zu glauben, als Laie. Natürlich hofft man, sich zu irren. Doch was ist mit den Profis? War Herrn Hans Wanner von der ENSI nicht schon bei den Bildern der zwei Explosionen klar, diese Reaktoren seien verloren? Herr Jenny wusste scheinbar Bescheid... Ist das nicht seltsam, irgendwie? Selbst nach dem die Internationale Atom-Energie Behörde in Japan eingetroffen war und die Regierung wegen ihrer Kommunikation rügte, änderte sich nicht viel daran. Auch was die Anzahl der Opfer des Tsunamis angeht: Während Wochen haben alle Nachrichten-Sendungen auf der ganzen Welt einfach nur die Angaben der Japanischen Regierung wiederholt — es war die Rede von einigen Hundert. Ich frage mich bis heute wieso...

Die Frage ist also: War diese Art der Kommunikation nicht gewollt? Wäre in der Schweiz wirklich anders kommuniziert worden? Ist die Kommunikation bei einem Störfall nicht schon längst festgehalten, in den Unterlagen von Betreibern und Behörden? Ich gehe davon aus, dass die Kommunikation für jeden erdenklichen Fall bis hin zur Katastrophe penibel festgehalten ist. Schliesslich müssen auch die Vorkehrungen für die Evakuierung der Leute festgelegt sein, wobei Kommunikation ein wichtiger Bestandteil ist.

Ist es nicht etwa so, dass der Mensch eher eine Chance hat sich an das Unvorstellbare zu gewöhnt, wenn er die Wahrheit in Scheibchen erfährt, wenn der Ausnahme-Zustande in kleinen Portionen serviert wird? Schliesslich liegt es in der Natur des Menschen, sich an ziemlich jede Situation anpassen zu können. Ist diese Eigenschaft der menschlichen Natur nicht auch ein Grund, weshalb in Japan auf diese Weise kommuniziert wird? Natürlich kann man dies mit dem Versuch rechtfertigen, eine Massen-Panik vermeiden zu wollen. In Tokyo wäre diese ziemlich sicher auch fatal gewesen. Die Frage ist dann aber, wo befindet sich die Trennlinie zwischen Panik-Mache und Desinformation. Kann es noch im Interesse der Allgemeinheit sein, wenn Menschen ohne ihr Wissen radioaktiver Strahlung ausgesetzt sind? Würde man in der Schweiz, um eine Massen-Panik zu vermeiden, Wahrheiten und Fakten zurückhalten?

Kommunikation ist ein sehr mächtiges Mittel, das sogar die Manipulierung von Menschen ermöglicht. Schon das Verschieben des Fokus kann zu diesem Zweck sehr nützlich sein. So frage ich mich zum Beispiel im Falle Libyens, wie sehr es wirklich im Interesse von Intelligence, CIA, NATO und Konsorten wäre, ein rasches Ende des Konflikts zu ermöglichen. Ist es nicht eine Tatsache, dass inzwischen niemand mehr Zeit dafür hat, nach Bahrain zu sehen? Sich darüber zu empören, dass ausländische Kräfte dort gegen das Volk vorgegangen sind? Dass von Amerika intensiv gesponserte Kräfte (die Saudi-Arabiens) einfach in das Land kamen und auf die Menschen schossen? Ist es nicht eine Tatsache, dass je länger es dauern wird, um in Libyen Gheddafi zu stürzen, desto weniger werden sich die Machthaber in Syrien, Bahrain und andere Länder im Fokus des internationales Interesse befinden? Je länger die Welt ihre Augen auf Libyen hat, desto weniger interessiert man sich darüber, wie andere versuchen, sich an ihre Macht zu klammern. Wie sie auf ihre Leute schiessen. Ist es nicht im Interesse Amerikas, in Bahrain keine grosse Unruhen aufkommen zu lassen, die den Staat in seinen Grund-Strukturen erschüttern könnten? Was ist mit dem Yemen? Ein Land in dem Milliarden aus dem Westen fliessen, um der Islamisierung Einhalt zu gewähren! Ich finde es zumindest seltsam, dass die westlichen Streitkräfte zuerst ohne Probleme Gheddafis Armee zurück richtung Tripolis drängen konnten, wobei diese selbe Armee nun wieder Stadt nach Stadt am erobern ist. Komisch ist, dass dieser Vormarsch mit Panzern und schweren Waffen vorangetrieben wird, die in den Tagen zuvor aber leicht gestoppt werden konnten. Woher also nun dieser plötzliche Wandel? Nun ist schon die Sprache einer Bewaffnung der Aufständischen: Dies würde das Land in einen langen Krieg versetzen, in ein dunkles Kapitel seiner Geschichte. Ist das wirklich die einzige Option? Ich wage es zu bezweifeln.

In Japan sind 3 Katastrophen übers Land gezogen. Die Kommunikation ist die Vierte. Wer verspricht uns, in der Schweiz würde es anders laufen? Die selben Leute, die für die Sicherheit der Atom-Industrie bürgen?
 
 

March 28, 2011

Atom & Meinungs-Bildung

 
Ich wage heute, an diesem regnerischen Montag, eine Prognose. Eine Prognose darüber wie, Atom-Lobby und völlig unbeirrbare Politiker vorgehen werden, in der nächsten Zeit. Der zuerst für sie wichtigste Punkt ist Zeit gewinnen. Das ist die absolute Priorität, im Augenblick. Man möchte unbedingt vermeiden, dass die Probleme in Japan zu Entscheidungen hier zu Lande führen könnten, die nur sehr schwer umzustossen wären, in Zukunft. Dazu hat die Atom-Industrie Pfannen-Fertige Argumente an die Politik verteilt und in den letzten Wochen konnte man auch den einen oder anderen Politiker dabei zuhören, wie er 1:1 diese Sprüche Gebetsmühlen-Artig runter quasselte.

Nun beginnen sie damit, den Preis zu verteufeln. Völlig unbegründet und entgegen besseres Wissen sprechen sie von einer Vervielfachung des Preises — das 5fache, das 7fache und mehr wird kommen. Wahr ist, der Strom wird teurer werden in der Schweiz, im Fall eines Ausstiegs aus dem Atom-Zeitalter. Wahr ist aber auch, dass diese Teuerung im Rahmen sein wird. Natürlich wird man sich Gedanken darüber machen müssen, wie man den Strom für Energie-Starken Industrien wird halten können. Natürlich wird man zusehen müssen, dass die Wirtschaft nicht all zu sehr darunter leiden wird. Alles machbar. Doch wenn man gewissen Politikern zuhört, darf man zum Beispiel auch den Preis des Benzins um keinen Rappen erhöhen, obwohl es in der Schweiz viel billiger ist als bei all seinen Nachbarn und das wir seit Jahrzehnten einen Pendelverkehr der Tankstellen haben (teils lohnen sich noch bis hin zu 50 Kilometer!).

In der Hoffnung, Japan einigermassen unbeschädigt überwinden zu können, wird die Atom-Industrie in 3 bis 5 Jahren mit der Präsentation "völlig neuer" Technologien auftrumpfen. Sie wird den Menschen vorgaukeln wollen, man habe enorme Schritte seit der Generation von AKWs getan, die in Japan havarierten. Man wird uns erzählen, dies und jenes sei entwickelt worden, genau um dies und jenes in Japan erkanntes Problem
zu beheben. Aber nicht nur: Man wird uns auch erzählen, dass man ausserdem noch ganz grundlegende Entwicklungen gemacht hat, die in einem gänzlich neuen Konzept der Nutzung von Kern-Kraft münden. Man wird ein neues Zeit-Alter in der Nutzung von Kern-Kraft einläuten.

Die Atom Lobby nennt übrigens schon heute ihre Kraftwerke nicht mehr AKWs, um das Wort ATOM nicht mehr benützen zu müssen — dass bei Kern-Kraftwerk der Kern des Atoms gemeint ist, hält man natürlich für unnötige Atom- nein Haar-Spalterei.

Was die vorgestellten Entwicklungen sein werden, kann ich natürlich nicht wissen. Ich rate aber einmal, dass sie schon in den Schubladen mancher Konzerne liegen, und zwar heute. Einige Neuerungen werden tatsächlich noch dazu kommen. Denn, man wird merken, es wird gewaltige Anstrengungen nötig sein, um dieses Mal wieder die Kurve zu kriegen. Es wird um einiges schwieriger sein, zurück zur Tagesordnung zu kehren, als es nach Tschernobyl der Fall gewesen ist. Doch niemand wird sich scheuen, diese Bemühungen auf sich zu nehmen, denn schliesslich geht es hier um die blanke Zukunft einer ganzen Branche. Und um unvorstellbaren Summen, die zu gewinnen sind.

Genau diese Summen werden es sein, die es der Atom-Industrie ermöglichen werden, ihre ach so bahnbrechenden Neuerungen in Modellen vorzustellen, schön und farbig ausgeleuchtete Modelle, von denen ein Exemplar so viel kosten darf wie ein Neuwagen für eine Mittelstands-Familie. Diese Summen werden es sein, die es wieder einmal möglich machen werden, auf plumpste und dennoch immer wieder effektivste Art Einfluss auf die Meinungs-Bildung zu nehmen. Wenn in jeder Zeitschrift, auf jeder Plakatwand, in der Worten vieler Politiker Atom-Energie so vermarktet wird wie man sonst Zahnpasta oder Mineralwasser anpreist, dann wird die Botschaft irgendwann in den Köpfen der Menschen angekommen sein: Atom ist sicher.

Wir sollten und dann vielleicht an This Jenny erinnern, der meinte ein Atom-Werk könne man 20 Meter in die Luft schmeissen ohne Schaden zu nehmen. Japan lernte uns was anderes. Und daran wird sich auch nicht viel ändern wenn man uns kleine AKWs andrehen möchte, so im Sinne eines Atom-UBoots. Denn dies könnte der nächste Trumpf der grossen Konzerne sein: Das Atom-Kraftwerk für jedes Quartier. Vielleicht werden sie uns erzählen, dass wenn es möglich ist mit dieser Kraft eine tonnenschwere Blechkiste in den Meeres-Tiefen zu befördern, dann wird es wohl auch möglich sein ein paar Wohnzimmern damit zu bedienen. Die Idee, die man uns wird verkaufen wollen, wird vielleicht die sein, eines kleinen Reaktors, der keine Wartung benötigt, der völlig autonom einige Jahrzehnte vor sich hin laufen kann. Vielleicht wird man ihn, in einer Beton- und Metall-Unmantelung, in 30 oder 50 Metern Tiefe unter dem Erdreich platzieren wollen. Ein Atom-Kraftwerk für's Quartier, so zu sagen. Aber... Was weiss denn ich schon?

Die Angst-Macherei betreffend einer Versongungs-Lücke wird natürlich der Haupt-Speer der Argumentationen zu Gunsten des Atoms bleiben. Man wird den Teufel an die Wand malen, oder auf einen der berüchtigten Plakate, und dieser könnte in etwa so aussehen: Entweder eine tief-dunkle Schweiz oder der Strom der aus dem Ausland fliesst. Dies werden die 2 Alternativen sein, die uns bleiben, wenn man den Befürwortern der Atom-Energie glauben wollen. Dass schon heute das Uranium aus stark verseuchten Gebieten im Ausland stammt, scheint die Betreiber heute aber nicht so sehr zu stören. Spannend, wie verschieden schlimm etwas aus dem Ausland sein kann, je nach dem wie viel dran zu verdienen ist...

An dem Tag, an dem sich der CEO einer dieser Konzerne sein Atom-Müll mit nach Hause nimmt und als Club-Tisch benutzt, weil er es geschaffen hat ihn völlig ungefährlich zu machen, an diesem Tag bin ich der erste, der für KERN-Kraft werben wird. Bis dann wäre ich wirklich dankbar, wenn man all diese Milliarden in etwas vernünftigeres als Meinungs-Bildung stecken würde. Zum Beispiel ins Prioritäts-Recht von erneuerbaren Energien im Verteilungs-Netz. Denn, bis heute strömt zu erst die Atom-Energie durch Netz, dann Wasserkraft und am Schluss andere neue Energien. In Deutschland stehen noch heute die Wind-Räder an der Nord-See sehr oft still, weil das Netz von der Atom-Energie in Anspruch genommen wird. Um diese Missstände zu ändern könnte man mehr als sinnvoll die eine oder andere Milliarde ausgeben. Sinnvoller, als in Meinungs-Bildung. Sinnvoller, jedenfalls, im Sinne der Allgemeinheit. Denn, inzwischen hat es trotz Atom-Lobby der Eine oder Andere verstanden, Atom-Strom könnte nicht nur das Abfall-Problem für die Zukunft bereit halten, sonder Kosten. Unglaublich hohe Kosten. Wenn zum Beispiel nach höchstens 200 Jahren ein End-Lager wieder zurück geholt werden muss, weil sie die Kontinental-Platten auf ach unvorhersebare Weise bewegt haben. Spätestens dann sollte das Budget für Meinungs-Bildung aufgestockt werden...
 
 

March 27, 2011

butterflies on a carpet

 
Gerade wünschte man mir wie eine Larve zu sein die, nach ihrer Verpuppung, nun ihre Zeit braucht, bis sie als Schmetterling wieder zurück in die Welt finden kann, um sich daran zu erfreuen. Und die Menschen die den Schmetterling zu Augen bekommen zu erfreuen. Ein sehr schönes Bild, finde ich. Weshalb aber fühle ich mich schon seit geraumer Zeit viel mehr wie ein Schmetterling, in einem Kokon gefangen, irgendwo auf einem Spinnennetz?


Ich weiss genau, irgendwo da draussen ist ein Silber-Streifen am Horizont. Nicht desto trotz kann ich mit Sicherheit sagen ob das, was ich gerade vor Augen habe, eben dieser Silber-Streifen ist oder vielmehr ein Blei-Platte... Dies seit inzwischen mehreren Jahren. Und weil irgendwer möchte, dass es genau so ist.


Es ist wie mit dir, meiner Heldin: Man sagte und machte Dinge bewusst auf eine ganz bestimmte Art, die offen lassen sollte ob sie von dir kamen oder nicht. Schönes, wie aber auch viel Unschöneres. Irgendwer möchte unbedingt, dass ich nicht mit Gewissheit sagen kann, ob du mir jemals geschadet hast. Nun... Mein Herz kann dies mit Gewissheit beantworten. Einzig bleibt die Tatsache, dass ich mich leider viel weniger an das Schöne erfreuen kann, was du mir geschenkt hast, weil ich immer befürchten muss, der nächste Wahnsinnige kommt um mich mit einem weiteren Schmerz zu bescheren.

Könnte ich eher verstehen weshalb was nicht von dir,
besser zu schätzen wüsst ich was du gabst mir.

Eigentlich zeigt dies nur, wieder ein Mal, wie einzigartig und viel kostbarer als jede Vorstellung andere davon hatten, unsere Begegnung doch gewesen ist.

Auf Schmetterlinge, die wieder Fliegen können, meine Prinzessin. Und sei es auf einem Papier-Flieger oder auf einem magischen Teppich.
 
 

where do I continue? #2

 
Womit soll ich weiterfahren? Es gibt da so vieles... Zum Beispiel einen Anruf von Max dem Bundespolizisten, den ich in der Villa am Hönggerberg bekam. Er machte mir Mut, wünschte mir alles Gute, sagte mir viele Menschen würden zur Zeit an mich denken. Nach diesem Anruf ging ich zurück ins Zimmer und weinte zuerst einmal eine Runde. Ich war völlig am Ende mit den Nerven. Ich war ein Wrack.

Am nächsten Tag begann die Post abzugehen. Der Pfleger Gabriel machte den Anfang. Dann folgte ein Schlag auf den Anderen. Eine Pflegerin griff mich verbal an, suchte ganz eindeutig und offensichtlich die Konfrontation. Wie ich sagte: Ich war damals ein Nerven-Bündel. Er hätte schon gereicht, wenn die Pflegerin laut "Buhhh!" geschrien hätte: Ich wäre zitternd und heulend zusammengebrochen. Und sie hat laut Buhhh geschrien Sie beschuldigte mich, mich aus dem Haus entfernt zu haben. Und dies, und jenes. Lauter erfundenes Zeugs. Schliesslich wurde ich raus geschmissen.

Monate später traf ich wieder Max. Ich gab ihm zu verstehen, ich hätte gerne Erklärungen. Ich meine: Wie kommt es, dass er mich gerade am Abend bevor die Angriffe losgehen anruft, mir sagt dass viele Menschen an mich denken? Wie kommt es, dass so viel Unrechtes unter den Augen der Bundespolizei geschehen kann? Wie um alles in der Welt kann mit ansehen, wie ich vor die Hunde gehe und dies alles zulassen? Max hat es nicht leicht. Er muss noch einen drauflegen. Weshalb, das weiss nur er und irgendwelche Wahnärzte. Vielleicht die eine oder andere Versicherung. Jedenfalls, bei einem Treffen, anstatt dass er auf mich eingehen würde wie er es eigentlich immer zuvor getan hatte, beginnt er mich herablassend und entwürdigend zu behandeln, ganz im Stil der Ärzte in der Harten Klinik. Dieser abrupte Wandel in Max verhalten kam nach der Villa am Hönggerberg. Weshalb? Ich weiss es bis heute nicht. Ich weiss, dass ich Max sagte, ich hätte gerne einige Erklärungen. Er konterte, ich würde ja gar nicht wissen, was ich würde fragen wollen. Und so weiter. Er meinte, ich hänge ja nur an der Nadel. Ich antwortete zwar, ich hänge nicht an der Nadel sondern sie an mir, doch dies ist nebensächlich. Jedenfalls ging es so weit, dass ich wirklich kurz davor stand, Max eine in die Fresse zu hauen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt machte er auch einen Schritt zurück. Ich weiss nicht wie schnell ich am Boden gewesen wäre, jedenfalls gab es diesen kurzen Augenblick, in dem sich selbst Max auf einen Schlag gefasst machte. Später sagte ich ihm, es habe wenig gefehlt, dass ich reingehauen hätte. Er meinte, wie hätten dann ein Problem gehabt. So ist er, Max. Mehr sagte er nicht dazu.

Leider sagte er auch nicht mehr dazu, weshalb er sich nun so blöd anstellen musste. Dies hätte mich nämlich viel mehr interessiert. Bis heute weiss ich es nicht. Was ich weiss ist, dass ich mich alleine fühlen sollte. Nicht von Max unterstützt. Nicht von meiner Mutter. Nicht von irgendwem. Weshalb? Keine Ahnung... Vielleicht wäre ich ja noch auf die Idee gekommen, die Junge Dame hätte mich geködert.

Mein Gott. Selbst beim Schreiben dieser verdrehten Gedankengänge einer Wahnaffen tut es weh. Selbst wenn es nicht meine verdrehte Gedanken sind. Es tut weh weil ich mir gleichzeitig vor Augen halten muss, dass solche Menschen die Verantwortung über Tausender Patienten haben. Menschen, die nach seelischer Genesung suchen. Sie raten in den Händen von Menschen, die noch viel viel kaputter sind als man sich je würde erträumen lassen.

Ich rufe Max nicht mehr an. Ich sehe ihn nicht mehr. Auch mit Achmed habe ich keinen Kontakt. Gerade letztens sagte ich zu meiner Mutter, es würde mich nur belasten. Ich könne zur Zeit nicht Kontakt zu Menschen haben die ich eigentlich mag und die aber nicht offen zu mir sein können. Das würde mich jedes mal belasten. Und so sitze ich hier und denke darüber nach, womit ich weitermachen soll...
 
 

where do I continue? #1

 
Womit soll ich fortfahren? Da gibt es so vieles... Zum Beispiel: Ich habe erzählt wie mich Luca ermahnte, nicht wegen einer neuen Bekanntschaft zu vergessen, weshalb ich in die Harte Klinik eingetreten war. Später, als ich wieder draussen war, gab er mir zu verstehen, dass die Junge Dame seine Ex sei. In der Zwischenzeit, als ich in der Klinik war, macht mich Luca ziemlich wütend. Aus Gründen die nichts mit der Jungen Dame oder der Klinik zu tun haben, sondern viel mehr mit seiner Sucht und seinem Scheiss-Karackter. Jedenfalls — und jetzt kommt der absolute Hammer — weil sich der Zufall ergeben hatte, dass mir Luca sagte ich solle ja nicht wegen einer neuen Bekanntschaft mein Ziel aus den Augen verlieren, auf welche unglaublich Kluge Idee kamen da die unglaublich depphaften Verantwortlichen? Sie kamen auf die Idee, mir doch irgendwie den Zweifel einzupflanzen, die Junge Dame sei von Anfang an als Köder benutzt worden. Um mich zu ködern...

Ich kann es noch gar nicht richtig glauben. Selbst wenn ich es schreibe. Nie und nimmer wäre ich auf eine solch abgefahrene Idee gekommen. Ich habe mich zwar hin und wieder gefragt, wie sehr die Junge Dame missbraucht und manipuliert wurde, ja. Aber, dass sie schon von Beginn an quasi auf mich wartete? Und wenn ich denke, dass vielleicht der ganze Scheiss nach der Klinik darauf abgesehen hatte, in mir diesen Zweifel aufkommen zu lassen, dann bin ich ganz einfach sprachlos. In Tausend Jahren nicht!!!

Selbst wenn Max, der Bundespolizist, schon an einem der ersten Tage mir das Angebot machte, ihm doch meine ungesetzlichen Tätigkeiten anzuvertrauen. Ihm, sozusagen, anstelle eines Anderen. Ich antwortete, ich habe nichts Ungesetzliches was ich ihm anvertrauen könnte.

Ich weiss nicht, wie man überhaupt auf die Idee kommen konnte, wie man darauf hoffen konnte, ich könne mich von der Jungen Dame geködert fühlen. Das ist völlig weich... Das zeigt einmal mehr, wer in der ganzen Geschichte am Schluss wahnhaft ist. Vielleicht kam man deswegen auf eine solche glorreiche Idee: In der Klinik sagte ich einmal zu der Jungen Dame, ich habe sozusagen eine Erkenntnis gewonnen. Alles, was ich bis dahin für meine Ex-Frau getan hatte, hatte ich schlussendlich aus Liebe getan. Das sagte ich, ja. Doch vielleicht wurde ich hier, "ausnahmsweise", missverstanden. Dies war eine wichtig Einsicht für mich, ja. Um mit der Vergangenheit abschliessen zu können, um die Seite zu kehren und weiter zu machen. Denn ich hatte schon sehr sehr lange ein Problem damit, was ich alles getan hatte. Vielleicht dachten die Wahnärzte, ich meine damit was illegales, was schmutziges. Nein, was ich meinte war für mich viel schlimmer. Ich hatte für lange Zeit nicht verstanden, weshalb ich mir denn so vieles hatte gefallen lassen. Ich war seit Monaten paralysiert weil ich mich verdutzt fragte, weshalb und wie um alles in der Welt ich es überhaupt hatte so weit kommen lassen. Weshalb habe ich dieser schlechten Hexe je erlaubt, mich so mit Füssen zu traktieren. Nicht mehr und nicht weniger stand hinter der Aussage "Ich habe das alles nur aus Liebe getan." Es war meine Erlösung aus dem Schraubstock, in dem ich mich selbst habe zwängen lassen. Die Tatsache, dies überhaupt zugelassen zu haben, belastete mich viel mehr als alles andere. Ich fragte mich wo meine Selbst-Achtung und -Liebe geblieben waren. Doch ich hatte dies alles aus Liebe getan: Aus Liebe zu meinem Sohn.

Nun war die Welt in Ordnung. Ich scheisste drauf, was mir meine Ex alles angetan hatte. Es musste einfach vorbei sein. Mein Sohn hatte mich gebraucht und ich war da gewesen. Nun war die Zeit gekommen, die Seite zu kehren und weiter zu machen. Irgendwer in der Harten Klinik, ein Pfleger, sagte mir einmal, man könne sich im Nachhinein so ziemlich alles in Ordnung reden. So im Sinne, ich habe da in einer schwierigen Beziehung gesteckt und könne mir jetzt einreden, ich hätte dies aus edlen Gründen getan. Ich weiss nicht woher sich Pfleger und Therapeuten immer wieder die Freiheit nehmen, sich als Aussen-Stehende anzumassen, auch nur im Geringsten beurteilen zu können, was wirklich etwas tiefgründiger hinter einer Biographie steht, nach nur einigen kurzen Gesprächen. Die Erfahrung? Das ich nicht lache! Wie auch immer. Nun stand ich da und sagte zu der Jungen Dame, ich hätte alles nur aus Liebe getan. Bis zum heutigen Tage habe ich aber keiner Menschen-Seele erklärt, was ich genau mit diesem Satz meinte. Hatte ich ganz schlimme Dinge getan? Mein Gott, was für Deppen leiten denn eine solche Klinik?

Interessant ist auch, dass unbekannte irgendwann zu mir nach Hause kamen. Sie waren mit Bekannten von Bekannten befreundet. Irgendwann sass man zusammen an einem Tisch, bei etwas Wein. Sie sagten mir, meine Ex-Frau habe die schlechte Angewohnheit, nicht zu wissen wann sie die Klappe halten solle. Ich aber, ich solle doch gefälligst nicht den selben Fehler machen: Ich solle doch niemandem davon erzählen, was überhaupt in der Zeit vor der Klinik geschehen war. Heute finde ich diese Gestalten und ihre Aussagen ziemlich interessant. Irgendwie kommen da Fremde in mein Haus und wissen viel mehr als ich. Nach meinem heutigen Verständnis, haben sie durchaus nicht die selben Interessen wie ich. Und auch nicht die freundschaftlichen Gefühle, die sie mir vorspielen. Sie reden von sich aus von Engeln, von Christus, von Liebe. So wie Küchenschabe drängte mich der Eine fast ins Internet, über mehrere Tagen. Ich sollte dort wahrscheinlich irgendwelchen erfundenen Schrott über die Junge Dame zu sehen bekommen. Nun... Es kam anders: Nun sehen die Ärzte meine Blogs. Jedem das Seine, halt. Zurück zu den vermeintlichen Engeln, Künstlern und Filantropen: Sie geben mir zu verstehen, auf dem Laufenden zu sein. Ich hielte sie damals für beiläufige Komparsen. Heute würde es mich nicht wundern, wenn sie viel mehr Dreck am Stecken hätten, als ich es im ganzen Leben. Interessant ist auch, dass sie die selbe Nationalität von Doktor Gassenjoe haben. Und vielleicht sogar auch von Doktor Y. Aber wer weiss das schon so genau? Vielleicht Max?

Die Junge Dame als Köder... Oh ihr armen Irren. Oh ihr wahnwitzigen Mörder. Denn ihr wisst genau, was ihr tut!

Ich hatte, alles was ich getan hatte, aus Liebe getan. Und ich werde so weitermachen. Einzig, werde ich keiner Menschen-Seele mehr erlauben, so mit mir umzugehen, wie es meine Ex getan hat. Meiner Ex und die Wahnsinnigen in der Harten Klinik. Letztere sollen aber dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Ich mache hingegen aus Liebe weiter. Aus Liebe zu den Menschen, die ich zu lieben wähle. Die mich zu lieben wählten.
 
 

March 26, 2011

hallo??!? Am Apparillo...

 
Es brennt unten im Keller
doch ich bin schneller
ich rette den Hauswart
da hat wer 'ne lange Leitung...

Sage "Hallo, hallo!"
Höre "Auf keinen Fallo!"
jetzt bin ich schlecht drauf
ich klopf dir die Scheisse raus

Tütelitü, dadelida
die Feuerwehr steht an der Tür
hat 'nen riesen Schlauch unterm Arm
jetzt drück ich den Alarm

Der Peter verpasst seinen Einsatz
versucht's mit dem Kafeesatz
versteht aber nicht was er da sieht
sagt "Egal, han e Waffe dabii"

Wie's weiter geht wissen wir nicht
der Doktor ist nicht richtig dicht
der Bulle schreibt ihm 'ne Busse
und ich such meine Muse



Telefonmann  ==  Helge Schneider und Stefan Raab


 
 

where do I begin?

 
Am heutigen Tag damit beginnend, werde ich in der unmittelbaren Zukunft versuchen, von dem einen oder anderen Beispiel zu erzählen, wie bemerkenswerte und immer wieder auftretende "Zufälle" mein Leben in den letzten Jahren geprägt haben. Und es weiterhin tun. Ich habe lange Zeit damit gewartet, denn es ist für mich schon schwierig überhaupt Episoden auszuwählen, die für den Leser überhaupt nachvollziehbar sein könnten. Und ich habe es vor mich hergeschoben, weil ich auf der einen Seite auch hiermit aufräumen möchte, auf der anderen Seite aber die Befürchtung habe, die Auseinandersetzung mit diesem sehr breitem Thema könnte nicht nur heilsam sein. Irgendwie befürchte ich auch das Wieder-Aufreissen alter Wunden. Gerade heute manifestierte sich dies recht klar. Und dennoch: Obwohl ein bestimmtes, heute geführte, Gespräch mich aufwühlte, verunsicherte, zum Teil Schmerz auslöste: Danach fühlte ich mich ganz eindeutig besser, von einem erdrückenden Gewicht befreit. Diese Beobachtung führt mich nun zum Entschluss, über bestimmte Ereignisse schreiben zu wollen. Dies und die Befürchtung, ohne diese Aufarbeitung womöglich niemals in der Lage zu sein, über schmerzhafte Erinnerung hinweg kommen zu können. Schmerzhafte Erinnerungen und bis heute offene Fragen, die weder heute noch morgen eine Antwort erhalten werden, die ich aber auch nicht meinen seelischen Zustand dominieren lassen möchte.

Gerade heute habe ich folgendes in Paulo Coelhos Blog gelesen
Don't be paralyzed by criticism.
Check the real story below.
Wieder einmal, bringt Coelho die Sache bestens, und mit wenigen Worten, auf den Punkt. Lähmung ist ein gutes Wort um meinen Zustand zu beschreiben. Innerlich wie äusserlich. Gelähmt, durch Fragen die schon lange zurück liegen und dennoch mein Denken und Handeln mitbestimmen. Offene Fragen über die ich nicht hinweg komme, so sehr ich mir dies auch wünsche. Ich komme nicht darüber hinweg und kann sie aber auch nicht beantworten. Ich möchte sie nicht beantwortet haben weil sie derart wichtig wären im praktischen Leben. Ihre Beantwortung hätte wahrscheinlich keinerlei unmittelbare Auswirkung auf mein Leben. Und dennoch: An diese Fragen ist meine Fähigkeit geknüpft, überhaupt noch in einem menschlichen Wesen vertrauen zu können. Mit diesen Fragen ist meine Zukunft eng verflochten, meine Art auf Neu-Bekanntschaften einzugehen und überhaupt zu menschlichen Zwischen-Beziehungen fähig zu sein. "The real story below"... Wie gerne würde ich diese Story checken! Das habe ich auch, sofern es mir gelungen ist, mir selbst einen Reim aus den Ereignissen zu machen. Doch Tatsache ist: Die Fragen an sich haben extrem weitreichende Auswirkungen auf mein Leben gehabt. Ganz konkret, ganz real. Die Antworten wären nur ein mir zu Verfügung stehender Schlüssel, um diese Ereignisse einordnen zu können. Ich verlange nicht einmal die Beantwortung meiner Fragen mit den sich eventuell daraus ergebenden Konsequenzen, nein... Ich müsste einfach nur wissen dürfen, weshalb mein Leben so auf den Kopf gestellt wurde. Von Menschen die, gewollt, für mich unfassbar bleiben und die sich einer direkten Konfrontation und Auseinander-Setzung entziehen. Aber eben: Daran wird sich weder heute noch morgen etwas ändern. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als davon zu erzählen.

Und zu erzählen gäbe es Tage lang. Ich könnte Stunden lang schreiben, jeden Tag, während der nächsten 2 Wochen und hätte dann, wahrscheinlich, nur einen Bruchteil der Ereignisse erläutert. Womit soll ich also beginnen? Mal sehen... Ich werde wahrscheinlich wiederholt in der Zeit hin und her springen müssen, denn "Linear", vom Anfang bis zur jetzigen Zeitpunkt, lässt sich diese Geschichte unmöglich erzählen. Deshalb nicht, weil von den Menschen um mir herum immer wieder Bezug auf Ereignisse in meiner Vergangenheit genommen wurde. Sehr oft, eigentlich praktisch immer, auf Ereignisse an denen diese Menschen nicht einmal Teil genommen hatten. Sachen die ich im Laufe der Jahre erlebt habe und von denen sie unmöglich auf direktem Wege (also von Beteiligten) wissen konnten. Zum Beispiel Dinge die im Tessin geschahen, 20 Jahre zuvor, und auf die sich nun jemand aus heiterem Himmel bezog. Und da wundern sich einige Menschen um mich herum, weshalb ich mich noch immer mit den Ereignissen in der Harten Klinik auseinander setze: Ereignisse die ja schon SOOO ALT sind: Ganze 3 Jahre liegen sie schon zurück! Wie wahr... Ich würde mich auch lieber nicht mehr mit ach so altem Zeugs beschäftigen müssen. In der Harten Klinik aber, fanden es gewisse Ärzte ganz toll und ganz amüsant, sich mit Sachen zu beschäftigen, die schon 20 Jahre zurück lagen. Und ich soll hier der Verrückte sein?

Womit soll ich also beginnen? Vielleicht hiermit: Selbst vor der Jungen Dame hat man keinen Halt gemacht! Selbst bei ihr hat man sich nicht zurück halten können. Selbst bei ihr, die ja eigentlich schon ihre eigene Geschichte zu bewältigen hatte, — wie jeder einzelne Patient in einer Psychiatrie, der gerade wegen der Bewältigung seiner eigenen Biographie dort hinkommt — selbst ihr wurden Infos und Fakten zugespielt, die sich auf Ereignisse vor der Harten Klinik bezogen. Ereignisse die eigentlich durch meine Privat-Sphäre generell zu absolut keiner Person in meinem unmittelbaren Umkreis je hätten gelangen dürfen. Als kleines Beispiel möchte ich hier nur einen nächtlichen Besuch bei einer weiblichen Bekannten zitieren: Über diesen Besuch wurde mir von der Jungen Dame in der Person von Joe erzählt. Besuch der Monate vor der Harten Klinik stattfand. Besuch, der niemals mit einem Therapeuten oder einem Sozial-Arbeiter je besprochen wurde! Wie um alles in der Welt kam man in der Harten Klinik auf die Idee, der Jungen Dame solche Informationen zu geben? Wenn ich daran denke, verschlagt es mir (wie praktisch immer) die Sprache: So souverän und genial ging die Junge Dame mit der Situation um. Das, was eigentlich eine schwer verletzende Äusserung ihrerseits hätte werden sollen (dem Willen derjenigen folgend, die ihr überhaupt diese Episode auf die Zunge gesetzt hatten), das was mein Misstrauen ihr gegenüber hätte hervorbringen sollen, wandelte die Junge Dame, fast beiläufig, als wäre es völlig natürlich, in einen Beweis dafür, dass ich ihr trauen konnte. Dass sie hinter mir stand, dass sie mir traute. Dafür, und aus unendlich vielen anderen Gründen, viele ganz grosse Sachen die sie geleistet hat und unendlich viele "Kleinigkeiten" die sich wie selbstverständlich leistete, deswegen liebe ich sie. Und kann sie auch nur lieben. Und möchte sie auch lieben.

Womit soll ich also beginnen? Ich werde einmal mit Luca beginnen. Weil er unmittelbar vor meinem Eintritt in die Harte Klinik gewisse Äusserungen machte, wie auch danach. Luca ist, oder war, ein Dealer. Wiederholt ist er zu mir nach Hause gekommen, nachts, nach einem Anruf von mir kam er vorbei und man traf sich draussen irgendwo, um Geld und Material zu tauschen. Als ich ihm von meinem Entscheid erzählte, in eine Klinik zu gehen um mich zu entgiften, um meine ganze Lage neu beurteilen zu können, sagte mir Luca
Achte aber unbedingt darauf, nicht etwa eine schöne Frau kennenzulernen und dabei völlig zu vergessen, aus welchem Grund du ursprünglich in die Klinik gegangen bist.
Ich antwortete ihm, darum müsse er sich bestimmt keine Sorgen machen. Denn, wie ich schon erzählt habe, war die Bekanntschaft mit einer Frau so ziemlich das Letzte was ich vor hatte, oder was ich zu benötigen fühlte. Wie das Leben aber so spielt, kam alles anders. Völlig anders. Nach 3 Wochen in der Klinik hatte ich das Gefühl, die Junge Dame so zu kennen, wie ich noch keinen Menschen zuvor je gekannt hatte. Und, das noch viel heftigere Gefühl war: Die Junge Dame kannte mich wie niemand sonst zuvor. Das Unglaubliche daran ist die Tatsache, dass sie gar nicht offen mit mir kommunizieren durfte, konnte oder wollte — wie auch immer... Sie konnte mir nicht offen ihre Gefühle erzählen. Nicht in der ersten Person. Dennoch entstand dieses überwältigende Gefühl, alles Wichtige geklärt zu haben. Und wenn man mir schon in der Harten Klinik einen Eigen-Tor vorwerfen wollte (die Sache mit den Aschenbechern), dann sollten diese achtmal kluge Ärzte vielleicht dieses ihre Eigen-Tor beachten und sich einige Gedanken darüber machen: Es ist in meinen Augen durchaus möglich, sogar wahrscheinlich, dass gerade diese unterbundene normale Kommunikation zwischen der Jungen Dame und mir es uns ermöglichte, uns so genau zu verstehen, alle Nebensächlichkeiten zu ignorieren, alle Versuche der Manipulation und der Umkehrung von Wahrheit, und vielleicht konnten wir uns gerade deswegen nur auf das Wichtigste und Grundlegendste konzentrieren. Ihr Wahnärzte: Was ihr euch als Hindernis ausgedacht habt, wurde zu unserem Hilfs-Werkzeug. Wenn das kein Eigen-Tor ist...! Wie auch immer. Luca sagte mir also, ich solle den Grund für meinen Klinik-Aufenthalt nicht vergessen.

Irgendwann erzählte ich der Jungen Dame davon. Ich sagte ihr, anstatt dass ich jemanden kennenlernte der mir meine Zielsetzung aus den Augen verlieren liess, war es genau diese Bekanntschaft einer schönen jungen Frau, die mich um so mehr in meinem Vorhaben bekräftigte, die mich daran erinnerte nicht nur eine halbe Lösung zu suchen, sondern alle Konsequenzen einer Entscheidung bis zum Schluss zu tragen. Genau das sagte ich der Jungen Dame. Ich sagte ihr, sie bringe mir immer wieder vor Augen, weshalb ich in die Klinik eingetreten bin. Sie sei es, die mich daran erinnere, diesen Gang in die Harte Klinik nicht ohne Folgen sein zu lassen. Und ich glaube ich dankte ihr deswegen — wenn ich es nicht aussprach, dann dachte ich es zumindest. Und wahrscheinlich kam es auch irgendwie, durch einen Nebensatz oder einer kleinen Bemerkung bei ihr an. Ziemlich sicher sogar. Wie auch immer. Als ich Luca wieder einmal traf, nach der Klinik, sprach ich eine Reihe von Wörtern auf die genau selbe Art wie sie die Junge Dame gesprochen hatte, in der Klinik. Wie aus der Kanone geschossen donnerte Luca
Sprich nicht so! Genau so hat eine Ex von mir gesprochen! Das erinnert mich an sie!
Und der Leser kann mir an dieser Stelle glauben: Diese Worte hat er so nicht jeden zweiten Tag gehört! Doch, nicht genug damit, sollte Luca noch eine ganze Reihe von Äusserungen bereit haben, die ganz offensichtlich dazu dienen sollten, an die Junge Dame zu deuten. Dies ging über Wochen und Wochen hinweg. Weshalb ich mich nicht davon abgegrenzt habe? Weil ich zu Beginn niemals auf die Idee gekommen wäre, das Ganze sollte mich verletzen! Luca, Küchenschabe und viele andere Leute sagten und taten Dinge, die ganz offensichtlich einen Bezug zur Jungen Dame haben sollten. Und darüber hinaus, gab sich der Eine oder Andere auch grosse grosse Mühe, den Kontakt zu mir zu suchen. Man strengte sich ganz offensichtlich an, Kontakt zu mir zu haben, mir zu verstehen zu geben, man habe Kontakt zu der Jungen Dame. Man bemühte sich, in mir den Eindruck zu erwecken, ich könne über diese Menschen eine Art Kontakt zur Jungen Dame haben und pflegen. Einen indirekten Kontakt über Luca oder Küchenschabe, die sich immer wieder äusserten als würden sie an meiner Stelle reden, über meine Erfahrungen und über meine Gefühle. Man gab mir zu verstehen, man habe durchaus begriffen wie mein emotionales Innen-Leben aussehe. Man gab mir zu verstehen, Übermittler von Botschaften zwischen der Jungen Dame und mir zu sein. Dies war der erste Schritt.

Als ich, nichts böses ahnend, Kontakt zu diesen Menschen hatte, als man das Gefühl hatte ich würde diesen Leuten vertrauen, auf ein Mal, ganz plötzlich, kippte die Situation. Dazu muss ich bemerken, dass im Gegensatz zu den Hoffnungen der Verantwortlichen, ich wirklich keine grosse Erwartungen an diese Kontakte hatte den, wir erinnern uns: zwischen der Jungen Dame und mir war das Wichtigste schon lange geklärt. Die Situation kippte also. Zu dieser Zeit begann mein Drogen-Konsum wieder zu steigen, aus Verzweiflung und aus purem Mangel an Nerven. Küchenschabe begann mir Vorwürfe zu machen, Vorträge zu halten. Man ging so weit, dass Küchenschabe behauptete, trotz seiner HIV Erkrankung würde er sich strikte weigern die angebrachten Medikamente zu nehmen. Im Sinne also, er würde sich einer therapeutischen Behandlung verweigern. Es ist wahrscheinlich unnötig zu erwähnen, dass mir Küchenschabe lieber nicht unter die Augen kommen sollte, im Falle dass er nicht auch wirklich an HIV erkrankt sei und auch wirklich die Medikamenten verweigerte. Zu erwähnen ist aber ganz sicher, dass ich gar keine Medikamente verweigerte! Entgegen dem, was ich immer wieder hier und dort aufschnappte, habe ich nicht eine therapeutische Behandlung verweigert. Ganz im Gegenteil: Ich musste selbst versuchen mich therapeutisch zu behandeln. Mein Therapeut nahm den Begriff "Austherapiert" in den Mund, Begriff den ich mir nicht als ursprünglich von ihm stammend vorstellen kann. Austherapiert, ihr Wahnärzte? Ausgeprügelt würde es eher treffen. Ausgerottet. Ausgetrieben. Ausgemerzt. Ausgewahnt. Von euren Wahn ausgewahnt. Das würde es eher treffen, ja.

Ein "Zufall" war auch, wie ich zu meiner Diagnose kam: Borderline. Kein Arzt hatte dieses Wort zuvor in meiner Gegenwart ausgesprochen. Kein Arzt hat mir je auch nur im Entferntesten zu verstehen gegeben, ich wäre Borderline. Die Junge Dame, ja, von ihr liess man mich recht schnell wissen, sie sei Borderline. Man vergass aber völlig mir zu sagen, diese Diagnose treffe auch bei mir zu. Geschweige denn, man hätte mir davon erzählt, wie der heutige Wissensstand aussehen würde. Rein gar nichts. Doch dann, nach der Harten Klinik, in Küchenschabes Wohnzimmer sehe ich zwei Bücher im Regal: Borderline, eben. Küchenschabe lässt mich wissen, er sei nun eben mal ein Borderline. Er lässt es mich in diesem Ton wissen, in dem er Sachen sagt, die ich als die Meinen verstehen soll. Ich lehne mir ein Buch aus. An dieser Stelle könnte ich nun eine Wette schliessen, über jeden beliebigen Betrag: Was wollte man mit dieser "Offenbarung" eigentlich erreichen? Was waren die Beweggründe hinter der Tatsache, dass man mich gütigerweise einmal über meine Diagnose informierte? Diagnose die übrigens schon seit mehr als einem Jahrzehnt den Ärzten bekannt war, Diagnose die man mir nie offiziell mitteilte, Diagnose die man mir vorenthielt, Diagnose die mich jetzt plötzlich, ganz "zufällig", über einen Ex-Patienten der Harten Klinik, erreichte. Zu einem Zeitpunkt, wo es mir Tag für Tag schlechter geht. Wo ich nachts Albträume habe und schreiend, im Bett stehend, aufwache. Wo ich Stunden und Stunden jeden Tag weine. Alleine irgendwo, wo mich möglichst keiner hören kann. Nun, in diesem Zustand, ohne ärztliche Unterstützung und Begleitung, teilt mir ein ehemaliger Patient der Harten Klinik mit, ich leide an der Borderline Persönlichkeits-Störung. Weshalb jetzt? Weshalb so?

Meine Wette? Ich soll daran zerbrechen! Ganz einfach. Ganz simple. Ganz schön bescheuert und fahrlässig. Nein... Gewollt verletzend. Die Idee? Ich beginne in dem Buch zu lesen und realisiere wie ich mir für alles die Schuld gebe. Ich realisiere wie wenig Eigen-Vertrauen ich doch mein Leben lang hatte. Ich realisiere wie sehr ich mich doch mein Leben lang selbst geschadet habe. Denn, dies ist grundsätzlicher Teil der Musters von Borderline: Was an Eigen-Erwartung nicht erfüllt werden kann (und es kann sehr sehr viel nicht erfüllt werden!), wird automatisch zum Grund der Eigen-Bestrafung, des Liebes-Entzugs sich selbst gegenüber. Dies war der Plan: Ich sollte mich in diesem Buch wieder-erkennen und daran gänzlich zu Grunde gehen. Doch es war ein Eigen-Tor, wieder ein Mal. Ich habe mir nur einige Seiten des Buches angesehen, hier ein Satz, dort ein Satz. Ich brauchte das Buch nicht! Es könnte mir nichts Neues erzählen. Einzig, was die Info "Borderline" bewirkte war, dass ich nun auf ein Mal, fast aus dem Nichts heraus, so Vieles in meiner Vergangenheit erklären konnte. Plötzlich war so ziemlich alles klar. Und, vor Allem: Die Angst war dahin geflogen! Die Angst, eines Tages völlig durch zu drehen, die war dahin. Wenn ich wieder einmal eine Krise hatte, war dies nicht ein möglich Vorbote eines vermeintlich gänzlichem Verrückt werden, nein!, es war ganz einfach eine Krise im Rahmen der Borderline-Störung, die so wieder verschwinden würde wie sie auch gekommen war. Wenn ich bis dahin dachte, die Hilfe von Ärzten und Therapeuten zu benötigen, um mir nicht irgendwann ein Ohr abzuschneiden, wusste ich nun mit Sicherheit, dass dies niemals geschehen würde. Ich wusste, dass ich nicht die Hilfe von Psychiatern brauchen würde, um nicht den vermeintlich letzten Schritt über die Schwelle, hinein in den Abgrund zu machen. Ich würde niemals in den Abgrund verschwinden. Nicht, wenn ich bis jetzt in keinem Abgrund verschwunden war. Das schönste Tor in meinem Leben!

Einmal, als ich zu Besuch bei Küchenschabe gewesen war, nahm ich den Lift auf den Weg hinaus. In der Luft war ein wunderbarer Duft. Ein durchaus berauschender Duft begleitete mich den Weg hinunter, in diesem Lift. Eine weibliche Erscheinung musste kurz zuvor das selbe Transport-Mittel genützt haben. Diese so genüssliche Episode reihte sich in einer ganzen Reihe ein, die mir über Küchenschabe das Gefühl geben sollte, die Junge Dame wohne dort ganz in der Nähe. Oft sprach Küchenschabe über eine Frauen-WG, zu der er Kontakt hatte. Oft versuchte Küchenschabe übrigens mich zu animieren, die Webseite Ricardo zu benützen. Wahrscheinlich sollte ich dort die Photo-Kamera zum Verkauf finden, die ich der Jungen Dame geliehen hatte. Ein Eigen-Tor. Zu offensichtlich. Zu plump. Zu blöd. Wie auch immer. Ich schrieb Küchenschabe eine SMS, erzählte von diesem so betörendem Duft. Er antwortete kurz darauf
Versuch eine Woche im Lift zu verbringen um zu sehen, was dann geschieht.
Es ist klar, was man damit bezwecken wollte. Ich sollte ja nicht auf die dumme Idee kommen, einfach auf die Junge Dame warten zu wollen. Man wollte mir klar machen, dass ich genau so gut eine Woche im Lift hätte verbringen können, wie ich auch 1 oder 2 Jahre hätte auf die Junge Dame warten können. Ein Eigen-Tor: Ich warte nun schon seit 3 Jahren, und habe nicht die Absicht, damit aufzuhören!

Womit soll ich beginnen? Soll ich von meiner Ex-Frau erzählen, die mir den Unterschied zwischen "wahre Realität" und "nicht wahre Realität" erklären wollte? Oder von Max, der mir jede Frage mit einer Gegen-Frage beantwortete? Oder soll ich von der Zeit vor der Harten Klinik erzählen? Von Godi vielleicht? Oder von der Fahnderin der Polizei, die ich plötzlich als Schalter-Angestellte beim Personen-Anmeldeamt im Kreis-Büro wieder traf? Oder über das gestohlene Fahrrad, das man mir verkaufte und dessen frühere Besitzer ich kontaktierte? Ich weiss noch nicht, womit ich beginnen werde. Ich lass mich überraschen, morgen, wenn ich dann endlich beginne. Wenn ich damit beginne, Tore zu schiessen. Oder meine Gegner zu Eigen-Tore zu verleiden. Mal sehen, womit ich dann beginnen werde, mal sehen....
 
 

March 24, 2011

Spekulation & Spekulanten

 
Irgendwann nach der grossen Finanz-Krise verlautete die Deutsche Regierung
Wir alle haben über unsere Verhältnisse gelebt.
Übersetzt heisst das, der Steuerzahler muss nun bluten. Bluten für Verluste in zuvor nicht vorstellbaren Grössen. Bluten für das Zocken.

Das Madoff-Prinzip basierte ganz einfach auf Begehren. Es lockte die Möglichkeit, Gewinne im Bereich zwischen 10% und 15% zu erwirtschaften. Es reizte die Chance, in einen exklusiven Club aufgenommen zu werden. Denn, die Möglichkeit solcher Gewinne ohne die Erbringung einer eigentlichen Leistung war bisher nur einem kleinen, elitären Teil der Bevölkerung gegönnt. Nun brach die Finanz-Industrie auf, diesen Segen unter die Leute zu bringen. Und sehr viele Menschen hatten den Köder schon tief im Hals stecken, schon ganz kurze Zeit nach dem er ihnen vorgehalten wurde. Auf die Idee, zu hinterfragen was ein Rendite von 15% überhaupt bedeuten könnte und vielleicht sogar sollte, kam praktisch keiner. Und wieso das?

Wieso ist das Spekulieren der vollkommen normale Alltag auf den Finanz-Märkten? Alle Regierungen sprechen davon wie sie der Spekulation Einhalt gebieten wollen. Dies wird ihnen jedoch eher nicht gelingen, ist Spekulation heute doch Alltag. Ist es doch das "ganz normale Geschäften". Es soll mir keiner erzählen wollen, die Schweizer Banken haben nicht auf einen starken Schweizer Franken gewettet, zeitgleich als die Nationalbank Milliarden verpulverte, im Versuch das Euro zu stützen. Es blieb ihr auch nichts anderes übrig denn, während sehr viele Investoren (darunter sehr viele Europäische Investoren) ihr Geld in der Schweiz ans Trockene gezogen haben, wo es mehr Wert sein wird, musste die Schweizer Nationalbank ihr Geld in Europa investieren, um dieses zu stabilisieren. Wieder einmal hatte der Staat Interessen zu verteidigen, die in ziemlichen Gegensatz zu denen vieler Investoren standen. Es soll mir keiner erzählen wollen, unmittelbar nach der dreifachen Katastrophe in Japan habe keine Schweizer Bank auf das Sinken der Japanischen Währung gewettet. Es geht inzwischen so weit, dass Banken komplexe Produkte auf den Markt werfen, diese an Partnern und Kunden verkaufen und gleichzeitig gegen ihre selben Produkte wetten. Und es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn der Grossteil des Gewinns aus dem Handel einiger Produkte nicht einmal mehr durch das Produkt selbst erwirtschaftet wird, sondern vielmehr aus der Spekulation über die Rendite des Produkts.

Ja, das ist heute möglich. Ich kann als Finanz-Institut ein Produkt auf den Markt bringen und ich kann Gewinne erzielen in dem ich voraussage, dieses Produkt wird an Wert verlieren. Das ist möglich, so unglaublich es auch tönen mag. Wenn ich es dann schaffe, dass mir niemandem kriminelle Absichten beweisen kann — wenn es also auch nur die geringste Möglichkeit besteht, dass mein Produkt nicht im Vorhinein zum scheitern verurteilt ist — dann ist das Ganze auch völlig legal. Viel einfach ist es, natürlich, wenn ein Tochter-Unternehmen das Produkt vermarktet und ich nur dagegen wette. Und dies ist nur ein Beispiel (ein sehr sehr plumpes Beispiel) dafür, was heute in der Finanz-Welt so alles möglich ist.

Begonnen, hatte die Finanz-Industrie damit, dass sie Investoren für Unternehmen vermittelte, die fremdes Kapital benötigten um ihre Entwicklung zu finanzieren. Damals ging ein Investor noch eine Verpflichtung ein, das Unternehmen in das er investierte zu unterstützen. Heute ist von dieser Verpflichtung rein gar nichts mehr übrig geblieben. Ich kann mein Geld in ein beliebiges Unternehmen investieren und, wenn ich Angst vor Verluste oder genügend Gewinne habe, jederzeit mein Kapital wieder ins Trockene ziehen. Die Unternehmen bekommen also Kapital von Investoren die, ausser der Abschöpfung von Gewinnen, absolut kein Interesse verfolgen müssen. Das heisst, dass Langzeit-Absichten nur dann möglich sind, wenn diese grössere Gewinne als die Summer der möglichen Kurzzeit-Investitionen übersteigen. Alles ist dem Gewinn untergeordnet. Soziale Verantwortung, zum Beispiel, ist nur dann von Interesse, wenn sie indirekt zu höheren Erträge führen wird. Genau so verhaltet es sich auch mit Ökologischen Überlegungen. Für BP ist es ganz einfach rentabler, bei der Sicherheit zu sparen und die möglichen Folgen eines Unfalls zu verkraften, als verantwortungsvoll an der Extrahierung von Rohstoffe heran zu gehen.

Inzwischen sind es die Staaten (und somit die Steuerzahler) die für die Stabilität der Märkte einstehen müssen. Gerade haben die G7 einen beispiellosen Kraftakt (vor 10 Jahren der letzte, kleinere) der Stützung der Japanischen Wirtschaft geleistet, weil "Spekulanten" in ganze zwei Tage 1/5 der gesamten Börsen-Kapitalisierung (700 Milliarden Euro) des Landes vernichtet hatten. Die Steuerzahler in Deutschland tragen also die Massnahmen zur Stabilisierung des Japanischen Marktes mit. Es ist auch interessant wie immer davon gesprochen wird, dass Kapital an der Börse "vernichtet" wird. Für die betroffenen Unternehmen, in diesem Fall die Japanischen, mag dies wohl stimmen, denn ihr Wert ist nach einem Crash nur noch ein Bruchteil als zuvor. Das Geld wurde aber keineswegs vernichtet, nein, es wurde vielmehr abgezogen! Der Investor hatte sich auch zu nichts verpflichtet... Er sieht, dass in Japan ein Erdbeben, ein Tsunami und ein Atom-Unfall wüten? Dann zieht er seine Investition eben so schnell wie möglich ins Trockene. Nun kommen die Banken, mit dabei auch die Schweizerischen und Japanischen, und spekulieren darauf, dass der Yen fallen wird. Dies geschieht voll automatisiert, während Investoren ihre Gelder aus dem Markt nehmen, schaffen Algorithmen an der Börse ganz effizient daran, Gewinne aus ihren Vorhersagen über den Verlauf des Marktes zu erzielen. Und da die Vorhersagen unmissverständlich daraufhin weisen, dass der Markt verlieren wird, setzen die Automatismen nun auf einen sinkenden Markt — und erzielen damit Gewinne! Erst andere Algorithmen werden diesen Automatismus stoppen, wenn der Schaden für die Bank grösser als gerade erziehlte Gewinn sein könnte. Erst die Intervention des Staates — in diesem Fall gar der Staaten-Gemeinschaft — vermag es, dem Gewinn aus der nach unten zeigenden Wette überhaupt ein Ende zu setzen. Gerade ist es hoch in Kurs, schnell und heftig zu intervenieren: Man möchte schliesslich vermeiden, dass die Menschen noch mehr ihr Vertrauen in die Wirtschaft verlieren könnten.

Es soll mir also keiner erzählen wollen, dass keine Schweizer Bank, die Kredite an die vom Export abhängigen Schwermetall-Industrie vergeben hat und von der man eigentlich erwarten würde, sie sei an dem Erfolg ihres Kreditnehmers interessiert, dass keine dieser Banken nicht Gewinne mit der Prognose gemacht hat, der Schweizer Franken würde noch mehr steigen.

Und dies ist noch ein harmloses Beispiel. Jede Bank wettet gegen die Interessen ihrer eigenen Kunden, ja sogar ihres eigenen Landes. Sie kommt gar nicht drum herum. Das passiert jede Sekunde und ist ganz normaler Bestandteil des täglichen Business. Oder des täglichen Wahnsinns...

Wenn das was ich erzähle nicht gelogen ist, wenn all dies einem Teil der Wahrheit entspricht, dann soll mir mal jemand erklären was es genau bedeutet, wenn sich alle Politiker darüber einig sind, dass man der Spekulation einen Riegel schieben sollte. Man soll mir mal erklären wie man vermeiden will, dass mit den unglaublichen Summen aus den Pensions-Kassen Spekulation auf den Welt-Märkten betrieben wird. Man soll mir erklären wie man, ohne das System zu zerstören, etwas unterbinden möchte, das dem System selbst gleich kommt.
 
 

March 22, 2011

Dr. Y und Tante Camille

 
Doktor Y, du Knallfrosch, du alter Floh einer alten Matratze in einem alten Bauernhaus, du wahnwitziger kleiner Psychopath, du.. du... ach scheiss drauf. Ich habe einen absolut genialen Tipp für dich, ein Glanzstück des Meisters Robert Altman, aus dem Jahre 1999 (also noch aus dem alten Jahrtausend): Cookie's Fortune. Kennst du ihn? Komm, du musst ihn kennen... Du musst ganz sicher die erste Hälfte gesehen haben um dann das Kino zu verlassen, in der Wahnvorstellung der Film wäre nicht auf deiner Höhe, nicht zu vergleichen mit den grossen Werken die du in deiner Wahn-Videothek gespeichert hast. Aber soll ich dir was sagen? Du bist ein Idiot! Zusammen mit Lady Marmelade bist du ein völlig durchgeknallter Idiot! Mich habt ihr verarscht weil ich den letzten Satz von "No Country For Old Men" nicht mitbekommen habe, doch ihr, ihr habt den ganzen zweiten Teil von "Cookie's Fortune" versäumt. Doktor Y, du unter das Elektronen-Mikroskop geschissener Fliegen-Dreck, du hast dir nur angesehen wie Tante Camille einen Selbstmord innerhalb der Familie vertuscht — einzig ihres Egos wegens, einzig weil sich Selbstmord "nicht gehört" — du hast sie nur nachgeäfft in ihrer manipulativen Art, in ihrem über alle Mitmenschen bestimmenden Wahn, in ihrer Kaltblütigkeit und Gefühlslosigkeit. Darin bist du gut gewesen, das muss ich zugeben. Zu gut, für meinen Geschmack, viel zu gut. Und auch Lady Marmelade hat sich wacker geschlagen.

Doch ihr habt nicht mitbekommen, wie Tante Camille in ihrem eigenen Netz gefangen bleibt, wie sie das ganze Manipulieren und Bestimmen für ein harmloses Spiel hält, das niemals niemals schlimme Konsequenzen für sie haben wird. Ihr habt nicht mitbekommen, wie sie untergeht! Und das tut sie. Sie glaubt es kaum, als dies geschieht. Sie kann es nicht glauben: Sie, die grosse Theater-Expertin und Dramaturgin, soll in einem Drama zu Fall gekommen sein? Ein absolut lächerliches, irrelevantes, zu vernachlässigendes Drama soll SIE zu Fall gebracht haben?

Und ich sag euch zwei Witz-Figuren noch was. Ich erzähle euch Pausen-Clowns was Tante Camille zum Verhängnis wurde. Es gab da nämlich verschiedenes. Zum Einen das absolute Vertrauen der kleinen Gemeinde in einem Mann, in seine Unschuld — Vertrauen in die Unschuld eines Schwarzen(!) in einem kleinen Kaff der Süd-Staaten, Vertrauen das sowohl von schwarzen Blues-Sängerinnen wie auch von weissen Polizisten geschenkt wurde. Das Vertrauen einer Gemeinde und die Liebe der Menschen untereinander haben den Schwarzen vor dem elektrischen Stuhl bewahrt: Dort wäre es nämlich gelandet, wäre es nach Camille gegangen. Der Zusammenhalt der Gemeinde war so stark, dass ein weisser Polizist sogar ein erfundenes Alibi für einen schwarzen Verdächtigen geliefert hätte. Irgendwie nicht alltäglich, im Süden der USA. Dann wäre da ein Kind, auf das zuerst niemand hören will, das die Geschichte von Tante Camille ins Wanken bringt. Und dann wäre da noch die Rache des Menschen der Tante Camille das Leben lang am Nächsten stand, der am Meisten unter sie zu leiden hatte, der immer und immer wieder alles geschluckt hat und den Mund geschlossen behalten hat. Auf ein Mal bietet sich dieser Person die Möglichkeit, mit Tante Camille abzurechnen — auf saubere, chirurgisch präzise, unmittelbare Weise. Diese Gelegenheit wird sie sich nicht entgehen lassen. Die klassische Rolle der "Verräters", der es erst ermöglicht das ganze Konstrukt zum fallen zu bringen. Zu guter Lezt: Was hat der schwarze Verdächtige am Schluss bekommen? Ganz genau! Das Haus, in dem er schon lange gelebt hat. Nun wird es zu sein Daheim. Er wird dort wohnen können, mit einem Menschen den er liebt. Ist das nicht wunderbar? So wunderbar wie das Spiel das Anwalt, weisser Polizist, junge Frau und schwarzer Verdächtige im Gefängnis spielen. Passt doch perfekt, oder? Das Spiel mit den Wörtern. Wunderbar, einfach wunderbar...

Szene aus dem Film "Cookie's Fortune"


Und wer wohl euer Verräter sein mag, ihr Knalltüten? Ich weiss es nicht. Freue mich aber darauf, es irgendwann zu erfahren. Denn ich, im Gegensatz zu euch, schaue mir Filme immer bis zum Schluss an.

Und ah, Direktor Gebrochene-Lanze und Doktor NO: Euch hat man nicht vergessen, die Produzenten einer Wahn-Geschichte sind ja die grössten Geniesser des Erfolgs eines Films, nicht wahr? Ist der Streifen ein Knüller, sind die Produzenten glücklich, reich und gemachte Leute. Nun, euer mit Steuergeldern finanzierte Film hatte einen absolut überwältigenden Erfolg, müsst ihr wissen... Allerdings nur innerhalb der Psychiatrie, doch daran seid ihr schon gewöhnt, oder? Ja, ihr seid die berühmtesten Ärzte der ganzen weiten Harten Klinik! Ist das nicht der absolute Hammer? Besser als jeder Stern in Hollywood, irgendwo auf einem Boulevard, nicht wahr? Oder wahn-wahr? Wie auch immer. An euren Gesichter sehe ich schon, dass ihr nicht mein Publikum seid. Aber wen juckt's? Mich jedenfalls nicht. Denn ich, ich gehe jetzt das Elektronen-Mikroskop putzen und desinfizieren, denn es stinkt letztens so unerträglich nach Fliegen-Scheisse. Wollt ihr mir dabei helfen? ;-)

Und auch euch wünsche ich noch ziemlich vieles, Doktor Y und Lady Marmelade. Man sieht sich, man sieht sich und man vergrössert sich...
 
 

March 21, 2011

Frühling

 
Ich bin froh, habe ich mir nicht die genauen Daten eingeprägt, als mich die völlig Verrückte und Durchgeknallte der Harten Klinik in der Iso-Zelle als Geisel festhielten. Die Zeit zwischen Februar und ende April ist so schon genügend schwierig und belastend für mich, jedes Jahr aufs Neue, so muss ich zum Glück nicht noch an bestimmten Tagen daran denken, dass ich damals von einem halben Dutzend Pfleger festgehalten wurde und starke Psycho-Pharmaka in den Arsch gespritzt bekam. Diese Daten werden irgendwann einen Richter beschäftigen: Bis dann, sollen sie euch Wahnärzte im Hals stecken bleiben. Sie sollen wie ein Fluch über eure Lebensläufe thronen.

Ich freue mich lieber auf den Frühlings-Beginn. Ich freue mich lieber darüber, dass die Natur wieder erwarcht. Dass sie nun fast explosionsartig zurück zum Leben findet.
 

March 20, 2011

Love @ Street Parade

 
Ich hatte die Bilder gesehen und dieser Mann tat mir so unendlich Leid. Er lag da, vor den Bildern der Verstorbenen, den ganzen Körper am Boden, die Arme völlig ausgestreckt über den Kopf, das Gesicht am Boden. Geistliche bezeichnen diese Position als Vor-Gott-"hingeworfen". Dr. Motte hatte sich vor Gott und den Opfern hingeworfen. Er trauerte um die vielen Toten an der LoveParade. Und er tat mir Leid. Er, der sich dermassen eingesetzt hatte für dieses Event, für dieses Lebensgefühl, fühlte sich nun schuldig für das Ableben anderer Menschen. Er, der etwas geschaffen hatte, das ich als Einzigartig erleben durfte.

Ich hatte die LoveParade in Berlin und die StreetParade in Zürich erlebt, bevor der Kommerz Einzug fand, bevor es zum Bierfest wurde. Ich hatte dann erlebt, wie in Berlin zum ersten Mal mehr als 1 Mio. Menschen zusammenkamen und etwas spezielles geschah. Ich hatte die Polizisten gesehen, oben auf dem Zug-Viadukt, die in Voll-Montur zu den Beats tanzten, einen Smile auf den Lippen. Ich durfte noch erleben wie diese Anlässe ihrem Namen gerecht wurden, waren sie zu Beginn doch wirklich Liebes-Paraden. Ob 5'000 Menschen oder 1 Mio., alle waren sie dort um zu shaken, Spass zu haben, dem Alltag zu entfliehen — auf eine Art, die nur einmal pro Jahr möglich war — alle waren sie dort um sich zu präsentieren, um zu baggern, zu gaffen, zu lachen, zu tanzen. Vor allem zum Tanzen. Zu Musik die ihnen durch Zwerchfell und Rückenmark ging. Ich hatte erlebt, wie sich Nicolas Ehefrau (eine ETH-Architektin) einen grünen Lampenschirm schnappte und auf den Kopf setzte. Als wär es ein Hut. Als wär sie eine Leuchte. Ich sah wie all diese Menschen um den Engel in Berlin standen und einfach nur abgingen. Happy dort zu sein. Und die DJs heizten ein. Nicola und ich schauten uns an, ein glückseeliches Lächeln ins Gesicht gestempelt, und sagten nur

Giriamo pagina............................................
..........................................E ANDIAMO AVANTI!


Seite umblättern und......................................
............................................ES GEHT WEITER!


Dabei machten wir noch die Geste des Seiten-Umblätterns und... Naja, wir hatten eine Menge Spass. Danach gin man ins Tresor. Dort, ging das Weitergehen weiter! Und es wurden so viele Seiten Umgeblättert. Und es ging weiter. Und weiter... Der Tresor war einer der Gründe weshalb Nicola Berlin so sehr liebte. Bis, irgendwann Anfangs der Woche, nur noch unsere Fäustchen zu tanzen in der Lage waren. Also ging man nach Hause, das von Le Corbusier gestaltet wurde, in die Maisonette-Wohnung mit der unglaublichen Aussicht vom Balkon, auf dem Nic so viele Stunden verbrachte, einfach so... Wir gingen nach Hause, ein Lächeln im Gesicht.

I love you Nic.
I'll never forget your smile, your speeches and your brotherhood.


Keine Ahnung wer welche Verantwortung zu tragen hat, für das schreckliche Unglück das geschehen ist. Ich meine aber das, Menschlich gesehen, Dr. Motte nur ein Fest der Liebe und der Musik organisieren wollte. Und dies gelang ihm auch, eine Zeit lang. Zürich und Berlin: Diese zwei Städte sind während einiger Jahre das Zentrum einer ganzen Reihe neuer Musik-Welten gewesen. Irgendwann wurde auch diese Märchen-Welt von der Realität eingeholt, irgendwann waren mehr Besoffene als Tanz-Wütige auf der Strecke unterwegs. Irgendwann begannen eine Deo- und eine Bier-Marke, Parties auf der Strecke zu organisieren. Irgendwann waren mehr Überwacher von Merchandising-Verträgen als Verkäufer anwesend. Irgendwann kam der Kommerz. Irgendwann machte es kein Spass mehr. Vielleicht hätte man dann aufhören sollen. Man soll doch „Dann aufhören, wenn es am Schönsten ist“, sagt man. Doch ich kann mir sehr gut vorstellen wie man, als Organisator und Pate einer solchen Veranstaltung, seine liebe Mühe mit dem Aufhören hat. Immerhin hat man etwas grossartiges geschaffen.

Ich bin dankbar, dabei gewesen zu sein, als es noch am Schönsten war. Ich bin Dr. Motte dankbar, zusammen mit den Andern, und allen voran den Menschen in Zürich, diese Feste von Liebe und Musik erschaffen zu haben. Anlässe die es Jedem ermöglichten für ein ganzes Wochenende aus der eigenen Haut zu schlüpfen, sich der Musik hingeben und das sein, was jeder sein wollte. Jeder durfte sich hauten und sich die Haut überstreifen, die ihm oder ihr am Besten gefiel. Oft war es dann wieder die eigene, nackte Haut. Wunderbar...

Sunshine  ==  Dr. Motte & Westbam



Ich seh mir diese Bilder an und tatsächlich: Das Herz geht auf und die Sonne scheint wieder. Ich sehe die Bilder und...
.......................................MI SCAPPA DA RIDERE!

Über Techno & Co. wurde schon viel schlechtes gesagt... Zu oft stimmte es sogar, was gelästert wurde. Und dennoch: bei all dem vielen Schrott der Produziert wird, gibt es sie immer noch, die Musik die mich zum Lächeln und eine Saite in mir zum Schwingen bringt. Musik die auch Ingredienzien wie "Brain, Heart & Soul" beinhaltet.

Ich möchte noch meinen Respekt für die Opfer von Duisburg und ihre Angehörigen klar ausdrücken. Was ich geschrieben haben ist nicht im geringsten in Zusammenhang mit den unvorstellbar schrecklichen Ereignissen von vor einem Jahr zu verstehen. Zu diesem tragischen Tag gibt es wahrscheinlich keine geeignete Worte. Ausser guter Gedanken und Mitgefühl für alle Betroffene, kann ich nichts beitragen. Diese Menschen suchte nur etwas Spass zu lauter Musik, genau wie ich es auch viele Male zuvor getan hatte. Ich fühle mich vollkommen ohnmächtig. Es bleibt Mitgefühl. Und Trauer.
 
 

March 17, 2011

der Schüler und sein Meister

 
Wir erleben heute auf jedem Gebiet einen unglaublichen Mass an Spezialisierung. Nicht, dass ich diese für schlecht halten würde: Wir brauchen Spezialisten. Nur dank ihnen wurden konnten die Fortschritte der letzten Jahrzehnten erreicht werden. Wir dringen vor in Gebiete, die ein derartiges Mass an Wissen benötigen, dass sich die ausschliessliche Beschäftigung mit dem einen Gebiet nicht vermeiden lässt. Wiederum bemerkt man immer öfter wie wichtig es dennoch ist, Bindeglieder zwischen den verschiedenen Domänen herzustellen. Das "Interdisziplinäre" ist zur heutigen Zeit eine grosse Herausforderung, die oft genug auch gelingt — solange genügend wirtschaftliche Interessen vorhanden sind, um die Kosten des Interdisziplinären auch zu tragen. Besteht jedoch kein ökonomisches Interesse am Ende der Kette, dann fehlt auch der Ansporn um alle verschiedenen möglichen Sichtweisen in Betracht zu ziehen. So beobachten wir zum Beispiel, wie heute fast keine angehenden Mediziner mehr auf eine Spezialisierung verzichten möchten: Verdient der Spezialist in der Schweiz und in Deutschland 10 Mal oder mehr als der Allgemein-Arzt. Des Haus-Arzt hat nicht einmal mehr die Zeit um seine Patienten kennen zu lernen: Dies sei zu teuer. Ich behaupte aber, zusammen mit vielen anderen, dass es viel teurer ist, den Patienten irgendwann zum Spezialisten schicken zu müssen, besonders bei Problemen die vielleicht durch eine vernünftige Grund-Versorgung durch den Haus-Arzt schon vorbeugend hätten vermieden werden können. Das Haus-Ärzte auf dem Land inzwischen einen niedrigeren Stunden-Lohn erhalten als viele andere Berufe mit viel kürzerer Ausbildungs-Zeit, ist schon längstens bekannt — besonders die Ärzte, die trotz der politischen Entscheidungen weiterhin ihren Beruf auf einen für sie vertretbaren und wie von früher bekannten Qualitäts-Stand auszuüben versuchen.

Das Dilemma besteht aber durchaus nicht nur in der Medizin. Überall in der akademischen Welt sind die neue Probleme bekannt, die durch Spezialisierung aufgetreten sind. So stehen wir heute vor offenen Fragen in Sachen pre-nataler Diagnostik und Medizin, in den Bereichen der künstlichen Befruchtung, der Gen-Technologien, usw. usw. Bereiche wo auf einmal auffällt, wie sehr philosophische Erkenntnisse fehlen, wie soziale Überlegungen hinterher hinken, wie die Grund-Rechte des Menschen wieder angepasst werden müssen — weil noch nie zuvor dagewesene Möglichkeiten nun Realität sind. So war und ist die wirtschaftliche Nutzung neuer Entdeckungen (neben natürlich der militärischen) immer die treibende Kraft um in neue Bereiche vorzustossen. Andere, mit diesen neuen Möglichkeiten verknüpften Fragen, wurden als zweitrangig angesehen. Inzwischen macht sich aber langsam die Einsicht verbreiteter, dass monetäre Interessen nicht der einzige Massstab sein können. Natürlich werden diese weiterhin benötigt sein, um die Entwicklungen finanzieren zu können, doch nicht dieser Aspekt alleine kann der Mass aller Dinge sein.

Buddhisten und Hinduisten, Thaoisten, Zen-Meister und viele mehr sagen, ein Mensch müsse seinen Meister finden. Dieser Gedanke fasziniert mich sehr, ist er doch in komplettem Widerspruch zu unserer heutigen Art der Ausbildung, in der jeder Meister austauschbar ist, solange sein Nachfolger über das nötige Wissen verfügt. Ich persönlich denke aber, dass sehr sehr viel Potenzial heute vergoldet wird, durch die Art in der Wissen schon ab der Primarschule gelernt wird. Sehr viele Jugendliche kommen nicht zu recht, in einem System der standardisierten Lehren, in dem der Schüler zuerst einmal ein Trichter für abzuspeichernde Informationen zu sein hat. Ich selbst habe erlebt, wie ich von Mathematik, Physik und Chemie absolut rein gar nichts verstand damals, als ich in das erste Jahr des Gymnasiums kam und mich auf die Abitur vorbereiten sollte. Die Tabelle der Elemente war eine Tabelle mit Buchstaben drin — sie ist es für viele Jahre geblieben. Obwohl man uns natürlich erklärte, was weshalb wohin geschrieben wurde, in dieser Tabelle, konnte ich es nicht verstehen. Viele meiner Kameraden verstanden es, und waren bereit weitere Informationen zu bekommen. Verschiedene aber (darunter auch ich) konnten nichts mit dieser Art von Erklärung anzufangen wissen, und blieben auf der Strecke. So ähnlich geschah es mit vielen Themen der Natur-Wissenschaften und der Mathematik. Damals dachte ich natürlich, ich wäre für solchen Stoff völlig ungeeignet, doch inzwischen bin ich mir bewusst, dass nicht ich für die Materie ungeeignet war, sondern die Lernmethoden für mich.

Die Geschichte von Einstein und seiner schlechten schulischen Leistungen sind zum Gemeinplatz geworden. Es ist ausserdem allen bekannt, dass er den grössten Teil seiner wissenschaftlichen Arbeit, selbst seine weltbewegende Relativitäts-Theorie, noch als Angestellter 3. Grades im Berner Patent-Amt leistete, lange bevor man ihm Einzug in die akademische Welt gewahr. Und selbst dies wohl nur weil sich jemand wie Max Planck bewusst wurde, dass hier ganz grosse Wissenschaft geschrieben wurde. Ohne Planck und einige Anderen, die auf Einstein aufmerksam worden, hätte seine Arbeit vielleicht sogar in Vergessenheit geraten können, für einige Jahrzehnte — genau so wie zuerst einmal im Jahr der Publikation seiner Theorie, und einige Zeit darauf. Anstatt sich aber über die Geschichte Einsteins Gedanken zu machen, wurde das Ausbildungs-Wesen weiter und weiter ausgebaut, auf der selben Schiene wie damals. Ja, man hat zwar die körperliche Strafe unterbunden, man hat gewisse Formen geändert, doch der Kern der schulischen Ausbildung wurde nie in Frage gestellt. Natürlich war Einstein ein absolutes Genie, natürlich. Doch, die Tatsache dass dieses Genie nicht mit der Grundschule zu Recht kam und dann die wichtigste wissenschaftliche Arbeit der Modernen schrieb spricht nicht für das System. Denn, obwohl Einstein eine Ausnahme ist beweist dies einzig, dass es einem Genie dennoch, oder trotz des Grundschulen-Systems, noch sehr grosses zu leisten. All diejenigen, die aber wie Einstein in Bildern denken und keine Genies sind, die werden von dieser Art der Ausbildung komplett vernachlässigt und benachteiligt. All denen, die eine andere Lern-Kurve haben als die Standardisierte, wird das Leben ziemlich schwer gemacht. Heute wie damals.

Ich erinnere mich, wie sich meine Mutter mühe gab, mir einen angemessenen Klavier-Lehrer zu finden. Für sie wäre ein musizierender Sohn wahrscheinlich das Aller-Schönste gewesen. Also hatte ich, so wie auch mein Bruder, Klavier-Unterricht schon in frühen Jahren. Zuerst einmal bei einer alten Dame, einer Witwe, die Kinder als Aufbesserung ihrer Rente unterrichtete. Und aus Freude. Als sie aufhörte, machte sich meine Mutter auf die Suche nach einem neuen Lehrer. Und sie fand ihn. Er war lustig, gefiel mir: Ein Strich in der Landschaft, hoch, schmal, mit Pfeife, Brille und Schnurrbart. Sein grösstes Idol war Herr Alfred Einstein. Neben dem Musik-Unterricht malte er. Und komponierte. Er malte Albert Einstein. In allen möglichen Varianten. Meistens aber auf einem kosmischen Hintergrund. Ich habe so viele Bilder mit dem Kopf von Einstein gesehen, dahinter die unendlichen Weiten des Alls, mit Galaxien, Planeten, Finsternis und Licht. Er malte Einstein mit Pfeife, mit ausgestreckter Zunge, beim Spielen seiner Violine. Und er komponierte "Astral-Musik". Er war ein komplexer Mensch, der es nicht immer leicht hatte. Ich erinnere mich noch, wie er eines Tages strahlte wie noch nie zuvor. Er war glücklich. Einfach nur glücklich. Ich glaube ich hatte es noch gar nicht zum Hocker geschafft und schon wusste ich, dass er eine Freundin gefunden hatte. Die verschiedenen Ticks, die sein Gesicht immer wieder für kurze Zeit neu anordneten, liessen immer mehr nach. Der positive Einfluss dieser Beziehung war nicht zu übersehen. Ich mochte ihn. Doch ich erinnere mich auch genau, wie es mir immer schwerer fiel in den Unterricht zu gehen. Ich erinnere mich, als ich ihm mitteilte, ich wolle mit dem Unterricht aufhören, wie er mich fragte was ich denn lieber machen wolle, als bei ihm vor dem Klavier zu sitzen. "Willst du raus?" Er zeigte auf das Fenster, und auf das Moped das vor dem Gartenzaun stand. "Willst du mit deinen Freunden herumfahren? Ist das alles?" Diese Frage hat mich für viele Jahre beschäftigt. Es sollte offensichtlich zu einem Muster in meinem Leben werden.

Ja. Ich wollte raus. Ich wollte mit meinen Freunden herumfahren. Doch... Weshalb fühlte ich mich so überhaupt nicht wohl dabei? Weshalb kam mir immer wieder seine Frage in den Kopf? Weshalb ging mir immer wieder, die Antwort durch den Kopf, die ich ihm nicht gegeben hatte? "Dann mach doch etwas dagegen! Dann gestalte diese Zeit vor dem Klavier so, dass ich keine Lust habe raus zu rennen! Verdammt..." Diese Antwort hatte ich aber nie gegeben. Ich war Schuld daran, dass ich nicht einmal für den Klavier-Unterricht bei einem tollen Lehrer etwas übrig hatte. Ich war später Schuld daran, dass ich nicht gut genug für Mathematik, Physik und Chemie war. Ich antwortete ihm ziemlich sicher so was wie "Ich weiss nicht was ich will." Jahre später habe ich über meine 2 Klavier-Lehrer nachgedacht und plötzlich kam ich zu dem Schluss, dass ich ziemlich sicher mehr bei der alten Dame gelernt hatte als bei diesem super Typen. Dies soll aber überhaupt nicht gegen ihn sprechen, sondern vielmehr dafür, dass jeder Schüler eben seinen eigenen Meister finden muss. Und dieser, ist nicht immer derjenigen, der vielleicht auf der Hand zu liegen scheint.

Eine andere Episode, einen anderen Satz eines Musiker machte mir viel zu schaffen. Für lange Zeit. Eigentlich bis und mit heute. Meine Mutter singt für ihr Leben gern. Damals war sie Gründungs-Mitglied eines Chors, im Tessin. Irgendwann kam ein Dirigent dazu, der inzwischen international bekannt ist: Er leitete nun den Chor. Dieser traf sich regelmässig bei uns zu Hause, im Wohnzimmer wurde einmal in der Woche gesungen. Zuweilen waren mehr als ein Dutzend Menschen dabei. Auch sonst war immer wieder jemand bei uns, der mit Musik zu tun hatte. Sei es aus diesem Chor, aus dem anderen in der meiner Mutter sang, oder aus sonst einer Gruppe mit der sie instrumental musizierte. Jedenfalls kam es irgendwann zu einem Besuch von diesem Dirigenten. Ich befand mich gerade im Wohnzimmer und sah fern. Der Dirigent kam mit anderen Leuten ins Zimmer herein und machte einen Witz, als er mich begrüsste. Er meinte "Immer schön am lernen? Sehr gut, weiter so!" Das traf mich wie ein Pfeil direkt ins Herz. Das grosse Dilemma meines Lebens. Wieso sind es immer Musiker gewesen, die mir betreffend meinen Charakter schlechtes Gewissen machten? Auch der Musik-Lehrer in der Hauptschule hörte ich immer wieder über "Dies sind die Jahre in denen sich euer Charakter formt! Wenn ihr euch jetzt nicht anstrengt, werdet ihr es niemals tun! Ihr müsst Disziplin lernen! Usw. Usw." reden. Ja: Musiker brauchen grosse Disziplin um Resultate zu erzielen. Und Disziplin war definitiv nicht meine Stärke. Ich fühlte mich als ein ausgesprochen schlechter Mensch.

Heute denke ich eher daran, dass ich mit 14 Jahren in den Sommerferien schon in der Fabrik stand und bei 35 bis 40 Grad in der Halle schuftete, um mir mein erstes Moped leisten zu können. Ich denke mehr daran, dass ich dutzende von Temporär-Jobs gemacht habe, im Laufe der Jahre. Ich habe Heizöl-Zisternen revidiert, stand 8 Stunden am Tag darin und schleifte die Wände ab. Ich habe, in zwei Fällen Nacht-Schichten gearbeitet, im Restaurant der einen Autobahn-Raststätte, an der Kasse einer anderen. Ich habe in Mülligen Pakete für die Post sortiert, während ich noch auf dem Zelt-Platz in Wollishofen lebte, weil ich gerade aus dem Tessin in Zürich angekommen war. Ich habe "Campari" abgefüllt, "Sugus" hergestellt, pharmazeutische Produkte verpackt. Ich habe Zement-Säcke geschleppt, ich habe Möbel in und aus dem Lager gebracht, ich habe Photographie-Kurse gegeben (auch einer Gruppe von Tessiner Kantons-Polizisten), ich habe Mozzarellas und Mascarpone gelagert, ich habe Autos gereinigt. Ich wurde schon nach Köln-Bonn geflogen, um Geschenk-Papiere zu produzieren. Ich habe Kaffee mit der Mini-Bar auf Schweizer Zügen verkauft. Ich habe als Hilfs-Gärtner gearbeitet und Tennis-Plätze in Stand gebracht. Ich weiss gar nicht mehr, was ich alles getan habe. Doch ich weiss, dass ich niemals Reklamationen meiner Chefs hatte. Ich weiss, dass ich immer ein gern gesehener Klient der Temporär-Büros gewesen bin. Und ich weiss, wie viele Lehrer mir das Gefühl gegeben haben, ich sei kein guter Mensch. Schon ziemlich schnell nach der Primar-Schule.

Ich kann mich genau an eine traumatisierende Geschichte erinnern, vielleicht in der 6. oder 7. Klasse. Ich war damals ziemlich aktiv, wenn man das so bezeichnen kann. Hatte jedenfalls immer etwas zu tun, jemand um zu reden und zu scherzen. Ich suchte nicht Streit, doch ab und zu ergab er sich. Da war ich also mit einem anderen Schüler auf dem Boden am Kämpfen, im Flur unserer Schule während der Pause. Der Lehrer einer anderen Klasse kommt vorbei und beendet den Streit, er packt mich hinten am Kragen und zerrt mich hoch in die Vertikale. Und schon verpasst er mir eine Ohrfeige. Eine feste, satte Ohrfeige. Ich kenne diesen Typ nicht einmal. Schon läutet es. Ich gehe ins Klassen-Zimmer und bin auf 200 oben. Dieser Typ hat mich geohrfeigt! Ich bin so was von wütend, dass ich zwischen der verschiedenen Ausrufe schluchze, weil ich fast vor Wut weinen könnte. Die Lehrerin fragt was denn mit mir los sei, ich versuche es zu erzählen. Kurz darauf finde ich mich beim Direktor wieder, der mich abmahnt, weil ich anscheinend viel zu starke Ausdrücke benützt haben soll. Von der Ohrfeige ist keine Rede mehr! Das ist offensichtlich auch ein ganz klares Muster, in meinem Leben...

Etwas machte diese Episode noch viel schlimmer. Ich hatte gerade Unrecht erlebt, zuvor hatte mich ein Schüler den ich nicht kannte angemacht und angegriffen, dann hatte mich eine Lehrkraft geschlagen. Als ich zuerst in das Zimmer des Direktors eintrat, dachte ich (wie Naiv ich doch schon immer gewesen bin!), man würde der Sache auf den Grund gehen. Erst als der Direktor wütend über mich herfiel und mir mit diesem oder jenem drohte, erst dann wurde mir klar was hier abging. Ich fing an zu weinen und brach kein Wort mehr heraus, war wie versteinert. Der Besuch dauerte vielleicht 15 Minuten, während denen ich gerade ein einziges Mal versucht habe zu erklären, dass ich geohrfeigt wurde. Danach brachte ich kein einziges Wort mehr raus. Ich sass nur da. Bis er mir sagte, ich solle gehen. Vielleicht ist es aber ein Glück gewesen. Denn, was wäre mir sonst als Alternative geblieben? Ich wäre ihm vielleicht an die Gurgel gesprungen, hätte ich ein anderes Temperament. Doch ich blieb still. Nicht einmal zu Hause sprach ich über den Vorfall, denn (als wäre dies nicht schon genug) war die Lehrerin die mich zum Direktor schickte (zeitweiliger Ersatz für unsere kranke Werks-Lehrerin) eine Bekannte und sogar eine Freundin meiner Mutter! Von ihr aus sollte also der Entscheid kommen, man müsse gegen diesen Jungen der sich über eine eingefangene Ohrfeige beklagte vorgehen. Sie hatte als Erste entschlossen, man müsse diesem Protest einen Riegel setzen. Die Frau war Malerin und Künstlerin. Nicht einmal Künstlern kann man also vertrauen? Sollte ich das aus dieser Geschichte lernen? Ich hoffe wohl nicht. Irgendwie ist auch das mit meiner Mutter und ihren Bekannten vielleicht zum Muster geworden... Wie auch immer. Die zwei Therapeuten, mit denen ich später zu tun hatte, wissen über meinen stark ausgeprägten Gerechtigkeits-Sinn und über mein sehr grosses Bedürfnis nach Freiheit Beschied. Das mit der Freiheit wird später noch erläutern, in Zusammenhang mit der Harten Klinik. Doch dies ist ein anderer Post.


Aber zurück zu Einstein und der Suche nach dem Meister.
Heute ist es für gewisse Menschen schon schwierig zu verstehen, welche Art von Schülern sie sind, geschweige denn dass sie die Möglichkeit hätten, einen geigneten Meister zu finden. Man versucht ja unsere "Meister" zu standardisieren, genau wie man sich standardisierte Schüler wünscht, aber auch Patienten, Versicherte, usw. Ich habe schon mal geschrieben, dass ich das Glück hatte, Marta kennen zu lernen. Ich werde einmal mehr über sie schreiben, denn sie hat mir in verschiedenen Gelegenheiten massgeblich geholfen. Jedenfalls hatte sie Mathe studiert, an der ETH Zürich. Sie interessierte sich für Statistik, für Kryptographie, für Wahrscheinlichkeits-Berechnung und für vieles mehr. Während der Semester-Ferien hatte sie in Genf für ein Quartier-Zentrum gearbeitet, wo sie sich soziale Arbeit für und mit Immigranten leistete. Eine vielseitige Persönlichkeit, also. Jedenfalls wurde mir dank Marta wiederholt klar, wie wichtig doch die Person ist, die einem einen bestimmten Stoff beibringen soll. Mit ihr verstand ich Mathe, ich verstand die Prinzipien von Statistik und Wahrscheinlichkeit. Weil sie sehr gerne darüber sprach, womit sie sich gerade beschäftigte und was sie gerade interessierte, und weil ich ein aufmerksamer und dankender Zuhörer war wenn es um Interessantes ging, habe ich eine ganze Reihe von Abenden damit verbracht, mir Dinge von ihr erklären zu lassen. Sie hatte auch Freude am vermitteln ihres Wissens und so kann ich mir sehr gut vorstellen, dass sie nun zu einem ihr gerechten Beruf gefunden hat. Ich, der die grösste Niete in all diesen Fächern war, beeindruckte sie hin und wieder durch die Leichtigkeit mit der ich ihre Konzepte verstand. Ist das nicht bizarr? Spricht das nicht irgendwie nicht so sehr für die Art von Schule die ich erlebt habe? Immerhin ist sie nicht ein Pausen-Clown, hat sie ihre mündliche Prüfung an der ETH mit 6 bestanden... (6 ist die beste Note in der Schweiz!)

Wenn also die Fähigkeit zu lernen viel mit der Art des Lernens zu tun hat, sollte uns diese doch noch etwas Geld wert sein. Ich meine: Gerade heute, wo wir uns in der Schweiz über den Mangel an spezialisierten Kräften in so vielen Bereichen beklagen, wo wir sie aus dem Ausland holen müssen, sollten wir uns nicht ein wenig mehr darum kümmern, den Nachwuchs zu ermöglichen? Oder wollen wir wirklich absolut alles Outsourcen?

Im Bereich der Ausbildung und der Erziehung hatte ich ein sehr wages Bild der Anthroposophie. Ich dachte, dies könnte eine Alternative, ein ergänzendes Angebot zu der öffentlichen Schule sein, für Jugendliche die darauf ansprechen. Leider musste ich feststellen, dass man dort (meiner Meinung nach) bei Konzepte um 1900 herum stehen geblieben ist, was gewissen Dinge betrifft. Wie gut das Angebot auch sein mag, für einige Jugendlichen, für die Meisten ist es genau so unflexibel wie jede öffentliche Schule. Ich bin wirklich erschrocken als ich hörte, dass man ein Pärchen trennte, das Mädchen sogar von der Schule verwies, weil sie sich ineinander verliebt hatten: Sie sei "seelisch abwesend", wurde der Entscheid begründet. Dies erinnerte mich so ziemlich genau an die Einstellung in der Harten Klinik, was die Junge Dame und mich anging. Wie gut kann eine Institution sein, die junge Menschen auf das Leben vorbereiten sollte, und die grösste Schwierigkeiten damit hat, wenn sich 2 Menschen ineinander verlieben? Das ist so was von Lebensfern...

Die Tatsache, dass unsere heutige Gesellschaft sich als so aufgeklärt gibt, so tolerant, so modern und umfassend informiert, um dann eine überaus schizophrene Beziehung zu Sexualität, Tod, Krankheit, Liebe, usw. zu haben, ist etwas das mich immer wieder aufs Neue verblüfft. Darüber aber ein ander Mal mehr.

Ich weiss nicht was die Lösung für das Problem mit der Erziehung und der Ausbildung ist, habe ich mich ja auch nie damit beschäftigt. Wahrscheinlich gibt es auch keine Lösung, sondern viele verschiedene Lösungen. Ich weiss auch nicht, ob die Schule die mein Sohn erlebt so schlecht ist wie die, die ich erlebt habe. Von dem was ich so mitbekommen haben, muss ich aber sagen, dass ich überhaupt nicht das Gefühl habe. Es scheint mir als gehe man heute besser auf den einzelnen Schüler ein. Es scheint mir als wäre eine bestimmte Härte und Inflexibilität verloren gegangen. Dafür scheint es mir aber auch wieder, dass die Lehrkräfte schon Unglaubliches leisten müssen. Dass sie immer mehr Anforderungen in immer weniger Zeit erfüllen sollten. Und dies kann nichts gutes bedeuten. Wenn in Deutschland schon eine ganze Klinik benötigt wird, um sich einzig und allein um die ausgelaugten Lehrkräfte zu kümmern und schon seit der Gründung nicht die Nachfrage decken kann, dann ist das definitiv kein gutes Zeichen.

Es ist sehr wohl eine politische Floskel zu behaupten, dass die Jugend unsere Zukunft ist. Es wurde aber zur Floskel weil es der Realität entspricht. Wenn man also eine Gesellschaft an der Ausbildung ihrer Jugend messen wollte, wären wir dann in der Schweiz stolz auf unsere Gesellschaft? Oder müssten wir uns fragen, weshalb die Anzahl der Jugendlichen in der Psychiatrie stetig und unaufhörlich am steigen ist?

In China wird uns gerade das "neue Modell" von Erziehung vorgemacht, das auf absoluten Drill ausgerichtet ist. Dort ist die Menge der Jugendlichen derart gewaltig, dass es eigentlich nichts ausmacht, wenn der Verschleiss riesengross ist. Es macht jedenfalls der Partei nichts aus. Wie es die Chinesen schon im Sport machten, zusammen mit den Ost-Deutschen, so machen es jetzt die selben Chinesen mit der Ausbildung. Minderheiten werden im riesigen Reich assimiliert oder unterdrückt: Bei und mit der Ausbildung fängt es an. In den Staaten hingegen ist Ausbildung schon längst eine Frage von Finanzen und Vitamin B. Sollten wir uns nicht unsere eigene Art von Ausbildung, die wir für unsere Kinder wollen, selbst heraussuchen? Sollten wir nicht selber versuchen zu verstehen, was die richtige Art von Schule für uns sein könnte?

Ich bin besorgt über die akademische Welt, die eigentlich genau wie schon vor langer Zeit, eine ziemlich abgeschottete Gesellschaft ist. Möchten diese Menschen denn wirklich nicht etwas dazu beitragen, die Gesellschaft zu verbessern? Möchten sie wirklich, besonders in den Angelsächsischen Ländern, reine Philosophie der Philosophie willens betreiben? Ich, für meinen Teil, denke dass die Welt wie nie zuvor genau auf diese Herrschaften angewiesen ist, die das Wissen eigentlich hätten, um sie nicht vollends abzuschmieren zu lassen. Wenn es nicht die Menschen mit Doktor- und Professor-Titel sind, die Beginnen den anderen unter die Arme zu helfen, wer soll es dann machen? Und dies gilt für jeden Bereich des Lebens. Oder bin ich wieder viel zu Naiv? Sind das Beste, was an Professoren hinaus in die Welt gehen und Einfluss auf die Gesellschaft nehmen möchten, wirklich Doktor Y, Direktor Gebrochene Lanze und DerKleineMikrige MitDerBrilleDa? Ich weigere mich, dies zu glauben!

Whatever... Ich möchte eigentlich nur dafür plädieren, dass man den Schülern, im Laufe ihres Lebens, besonders während der ersten 25 Jahren, mehr Möglichkeiten gibt, ihren ganz bestimmten Meister zu finden. Wie viele vergeudete Talente, mit Medikamenten vollgedröhnt, laufen schon nur in Zürich herum? Wer ist deren Meister wohl gewesen? Was würde Albert Anstein von all dem wohl halten?
 
 

March 16, 2011

unser täglich Wahnsinn

 
Ich hörte einen bio-dynamischen Landwirt sagen, jeden Tag gäbe es vor dem Morgengrauen ein Konzert von Vögeln, das rund um die ganze Welt geht: Er würde mit seiner Arbeit dazu beitragen, die Qualität dieses Konzerts zu verbessern. Ich fand dies ein wunderschönes Bild...

Das Verrückte daran ist aber, dass dieser Bauer nicht die Qualität des Konzerts verbessert, was er tut ist lediglich dieses Konzert nicht noch weiter zu zerstören (z.B. durch die Bewahrung der Arten-Vielfalt). Im Gegensatz zu dem was in der konventionellen Landwirtschaft geschieht, achtet er darauf dieses Konzert nicht zu ersticken, es nicht zu dezimieren. Wir sind inzwischen soweit, dass es fast was romantisches an sich hat, schon fast idealistisch-träumerisches, die Welt nicht zu zerstören.

Ich sehe mir gerade den neuen Dokumentar-Film von Marie-Monique Robin an, mit dem Titel "Unser täglich Gift": schon nach einigen Minuten kann ich nicht mehr sitzen bleiben und laufe vor Empörung herum. Sie geht Dingen nach, wie die von Industrie und Behörden benutzte Methode um die Schädlichkeit von Chemikalien, deren höchst erlaubte Dosis oder die Zulassungs-Methoden von Produkte. Und diese Methoden sind (wen wunderts?) so abstrakt wie die Argumentationen der Befürworter. Man nimmt Ratten und sucht nach der Menge des Produkts, die die Hälfte der Bevölkerung vergiftet, von dieser Menge ausgehend sucht man dann die Kleinere, die nicht mehr tödlich ist, dann multipliziert man es mit der Anzahl Kilos einer Person und subtrahiert noch das Geburtsdatum der Oma des Verwaltungsrats-Präsidenten, diese Zahl multipliziert man wiederum um die voraussichtlichen Kosten von Gerichts-Verfahren der Opfer, addiert noch die nötigen Schmiergelder- und Lobbying-Kosten, teilt dann durch die Anzahl Aktien die von der Firma auf dem Markt sind: Et Voilà! Schon hat man die Anzahl der fetten Jahre die der Firma bevorstehen. Wunderbar... Oder so.

Es ist der absolute Wahnsinn. Die Produzenten von Zigaretten haben es vorgemacht. Wir wissen was Zigaretten verursachen und wir wissen was die Firmen von sich gaben, damals: Bis zu Letzt beteuerten sie, die Schädlichkeit sei nicht nachgewiesen! Bei der Fütterung von Rindern gab es auch keinen Grund zur Sorge, als man sie zu Kannibalen machte. Heute weiss man wie hirnrissig doch diese Vorstellung war. Und dennoch: Es brauchte einen Rinder-Wahnsinn, um überhaupt über dieses Thema sprechen zu können, um zu einer Einsicht gelangen zu können.

Ich frage mich nun: Ist es wirklich notwendig, dass wir bei jeder Technologie, bei jedem Fortschritt, einen Rinder-Wahnsinn erleben, um einen vernünftigen Gebrauch einzusehen? Ich frage mich was geschehen soll, bis man den Tieren keine Antibiotika mehr verfüttert, als wäre es das normalste auf der Welt.

Die Produzenten von Chemikalien für die Landwirtschaft haben zu beginn der "Grünen Revolution" damit argumentiert, dass dank der Effizienz-Steigerung bei der Produktion von Lebensmittel der Hunger auf dieser unseren und Gottes Erde bald überwunden wäre! Sie proklamierten das Ende vom Hunger in Afrika! Was ist aber heute die Realität? Genau diese "Optimierung" der Produktion macht eine gerechte Verteilung von Lebensmitteln immer unmöglicher.
Diese selbe Produzenten verkaufen uns nun die Gen-Manipulierte Landwirtschaft mit dem genau selben Argument. Das dieses Argument nicht der Wahrheit entspricht können wir schon heute sehen, wir müssen nicht 50 Jahre warten, wie bei den Chemikalien! Wir wissen inzwischen längstens, dass die Realität am Schluss meistens viel schrecklicher ist, als die Bedenken die sich die "Pessimisten" und "Miesmacher" machten. Müssen wir wirklich noch erleben, wie Mutanten auf unserer und Gottes Welt spazieren, 2 Meter grosse Gestalten zwischen Kakerlaken und Fledermäuse, um zu begreifen dass wir keine Ahnung davon haben, was wir da gerade am spielen sind?


All die grossen Firmen benützen abstrakte Zahlen, die bestimmter Mengen von Giften
bei Versuchen mit Ratten entsprechen, um ihre Produkte lizenzieren zu können. Gesucht wird die Menge die nicht mehr die Ratten tötet, sondern "nur noch" Krebs erregend wirken. Die Behörden haben erst einen kleinen Bruchteil der verschiedenen Substanzen genau untersucht, geschweige denn deren Kombinationen. Und dennoch dürfen diese Firmen ihren Gift auf der ganzen Welt unter die Menschen bringen. Und Milliarden-Gewinne machen, die irgendwo in der Schweiz oder auf den Cayman-Islands verschwinden werden. Ist das nicht völlig verrückt?

Ich habe einen Vorschlag für die Erteilung von Bewilligungen für Chemicalien. Gemäss meinem Motto "Tue niemandem etwas an, das du nicht auch deinen Kindern antun würdest", schlage ich vor dass nur Produkte eine Bewilligung zur Vermarktung erhalten, die eine 10 jähriger Vorlaufzeit bestanden haben: Eine Zeit in der sich eine Familie der Geschäfts-Leitung, Eltern und Kinder, als völlig gewöhnliche Konsumenten des Produkts verhalten, so wie es die Käufer ein Leben lang tun werden. Ist Herr Vasella bereit, seinen Kindern die verschiedenen Psycho-Pharmakas zu verabreichen, die in den USA einen Zuwachs im 3 stelligen Bereich hatten, bei Kindern? Er selber würde sie auch schlucken? Wenn er das 10 Jahre lang tut, dann kann er gerne das Produkt auf den Markt bringen. So einfach wäre das... Das selbe für jegliche Pestizide, Gen-Technologien, usw.


Heute sind akademische Welt und Allgemeinheit in der Situation, zuerst einen Schädlichkeit-Nachweis liefern zu müssen, damit ein Produkt vom Markt genommen wird. Das ist verrückt! Die nicht Schädlichkeit sollte vom Produzenten bewiesen werden, und zwar völlig transparent. Dabei stehen nicht einmal die Studien, die zur Erteilung der Bewilligung benutzt wurden der Öffentlichkeit zu Verfügung.

Das ist die Welt des letzten Jahrtausend! Es ist nun Zeit, sich der Agenda für das neue Jahrtausend zu widmen. Es ist höchste Zeit!



"Unser täglich Gift" wurde auf Arte ausgestrahlt.





Marie-Monique Robin ist auch Macherin von "Le monde selon Monsanto". Siehe auch den Post "Monsanto: mit Gift und Genen".

 
 

March 15, 2011

to all the Freddys out there

 
Bevor ich, irgendwann demnächst, wieder einige Dinge erzählen werde betreffend Harte Klinik, Polizei, meiner Ex-Frau usw., möchte ich eine Bemerkung machen.

Vor einigen Monaten war ich im K&A Oerlikon, hatte Kokain konsumiert, und da kam ein Freddy auf mich zu: Während er mich voll laberte, nahm er seinen kleinen Spiegel (den er zum Schnupfen benutzt hatte) und begann mich mit dessen Spiegelung zu blenden. Dabei hatte er ein hässliches Grinsen auf der Fratze.

Solche Dinge geschahen vor der Harten Klinik, wie auch danach. Und, die Menschen die ähnliches getan haben befanden sich in meinen eigenen vier Wänden, bei den Dealern zu Hause, auf der Strasse, im K&A. Sie sind mir in einige Hotels gefolgt. Sie sind sogar zu mir nach Hause gekommen, in die neue Wohnung.

Was ich sagen möchte ist folgendes: Für lange lange Zeit habe ich gedacht, es würde einen vernünftigen Grund wohl haben müssen, wenn man mir so auf die Eier geht. Ich dachte, es können ja unmöglich alle Bananen-Crème anstelle des Hirns haben. Später, war ich zu durcheinander von der Erfahrung in der Harten Klinik, um überhaupt noch die Dinge einigermassen zuordnen zu können. Nun ist dies vorbei. Nun ist mir klar, dass sehr wohl Leute unterwegs sind, die Bananen-Crème in der Birne haben. Leute die, mein Pech, die Möglichkeit haben, Einfluss auf mein Leben zu nehmen. Ohne mir davon etwas zu sagen... Ich werde noch ein paar Geschichten erzählen, über diese Super-Brainies. Diese Freddies.

Was ich sagen möchte ist folgendes: Der nächste Freddy, der mich blendet nach dem ich Kokain konsumiert habe, oder auch sonst wann, sollte sich nicht wundern wenn er plötzlich zahnärztliche Behandlung benötigt.

Schliesslich... bin auch ich nur ein Mensch.

Ich möchte wirklich niemandem etwas antun. Gott weiss, ich möchte mit niemandem Streit. Aber... ich bin auch nur ein Mensch. Die andere Backe habe ich jetzt 3 Jahre lang hingehalten. Jeder der wollte, konnte reinschlagen. Einige haben es getan. Wenn ich handgreiflich werde, wird es meine Schuld sein, ja. Aber nur solange man nicht beweisen kann, was die Gegenseite alles getan hat, zuvor. Denn, jeder Richter müsste sich schwer damit auseinandersetzen, wie in diesem Fall "Selbst-Verteidigung" zu definieren sei. Was ist, wenn jeglicher Versuch, die Eskalation zu vermeiden, ignoriert worden sind? Was ist, wenn man einen Menschen immer und immer wieder herausfordert? Ihn psychisch unter Druck setzt? Was ist dann eine kleine Faust in die Fresse? Nach Jahren?

Aufgepasst, ihr Freddys da draussen: Aufgepasst!


Ich begleite jetzt meinen Sohn zum Zahnarzt, bin aber nicht der Grund weshalb er dorthin muss. Und werde es auch nie sein.

Der Kampf um die Sonne geht weiter...

Siehe auch die Posts
The War Isn't Over
(was die Freddys angeht) und
Unterlagen zu Hause?
(was gewisse Cops angeht, wobei Max aber eher nicht dazu gehört)


Und noch eine letzte Frage an Doktor Y: Was meinst du, bin ich jetzt gefährlich? Ich garantiere dir, ich bin viel viel gefährlicher als damals, in der Harten Klinik. Und dennoch möchte ich bezweifeln, dass mich Doktor NO und sein Oberarzt einsperren werden, mir Spritzen in den Arsch stecken und vor meiner Iso-Zelle fast stündlich eine Zigarette rauchen, während 3 Tage. Was meinst du? Got any grapes? Got any glue? And one more question for you: Got any brain?